Franz Graf von Pfeil - Lifestyle-Insider.com

Franz Graf von Pfeil

INTERVIEW

Der Ansitz Kränzel, eine mittelalterliche Hofanlage, umgeben von Weinbergen und den 7 Gärten, ist einzigartig in Südtirol. Wir trafen den Winzer und Kunstliebhaber auf seinem Weingut in Tscherms bei Meran, wo er uns einen Einblick in seine Denk- und Arbeitsweise gab.

04. Mai 2018

Lieber Graf Pfeil, der Kränzelhof blickt auf eine lange Geschichte zurück: 1350 wurde er erstmalig urkundlich erwähnt, heute zählen mehrere Gebäude, die sieben Gärten und das Restaurant Miil zum Gut. Erzählen Sie uns mehr über die Geschichte?

Der Kränzelhof ist ein 800 Jahre alter Ansitz inmitten von Weinbergen und Gärten, ein langsam gewachsenes Ensemble. Wein spielt in Südtirol seit jeher eine wichtige Rolle. Durch unser wunderbares Klima haben wir beste Anbaubedingungen. Als Messwein verbreitete sich Wein damals über die Christliche Religion bis weit nach Deutschland hinein. Wein war sehr wertvoll und auch der Rausch spielte eine wichtige Rolle. Heute berauschen sich die Leute eher mit Arbeit, Konsum, Autos - früher war Wein ein sehr geschätztes Rausch- und Lebensmittel. Tagtäglich haben die meisten arbeitenden Menschen Wein oder Leps getrunken. Letzteres ist die in Südtirol gebräuchliche Bezeichnung für einen Tresterwein oder Wein einfacher Qualität.

Was hat Sie persönlich dazu bewogen, Wein zu erzeugen?

Mein Interesse kam durch das Genießen, das Interesse am Genuss und an den Rauschzuständen durch den Wein. Ich finde die unterschiedlichen Rauschgefühle, die mir alte oder junge, französische oder deutsche Weine bereiten, interessant. Mich interessiert auch das weite Thema Rausch mit seinen vielfältigen Varianten, der Rausch als Erweiterungsmöglichkeit meiner Perspektiven, der Rausch, in dem sich unsere Gesellschaft befindet. Mit 20 Jahren bin ich nach Deutschland auf eine Weinanbauschule gegangen. 1981 habe ich hier mit dem Anbau von Weißburgunder und Vernatsch begonnen und experimentiert. Heute haben wir mehr als zehn verschiedene Rebsorten im Anbau. Es ist nicht unser Ziel, Weine zu machen, sondern Kunstwerke entstehen zu lassen.

Wein ist also Kunst?

Wein kann ein Kunstwerk sein. Ich versuche, Kunstwerke entstehen zu lassen, in Zusammenarbeit mit der Natur als der Königin aller Künstler. Ich begleite den Prozess von der Traube bis zur Flasche. Ich bin wie ein Dirigent: ich leite ein, führe durch den Prozess, begleite die Transformierung des Weinwerdens. Dazu bedarf es viel Erfahrung, Offenheit, Kreativität und Mut, um nicht in Panik zu geraten und dann doch lieber auf herkömmliche Art und Weise zu reagieren anstatt Geduld zu üben, in den Reifeprozess zu vertrauen anstatt zu machen.

Spazieren wir in die 7 Gärten des Kränzelhofes. Was hat Sie dazu bewogen, die Obstanlagen des Guts zu roden und stattdessen auf zwei Hektar einen Labyrinthgarten als lebendiges Kunstwerk anzulegen?

Ich hatte es satt nur alte Gemäuer zu pflegen, ich wollte etwas schaffen, dass mir und meinem Umfeld Freude macht, niemanden stört, langlebig ist. Ich wollte Raum für kreative Ausdrucksmöglichkeiten schaffen. Ich gehe ungern auf Weinmessen, ich will mein Umfeld für mich und alle, die hier arbeiten, lebendig und attraktiv gestalten, so dass das Leben freudiger wird. Ich möchte durch ein vielseitiges Angebot Gäste zu uns locken ohne sie irgendwo auf einer Fachmesse suchen zu müssen. Locken anstatt suchen. Der Garten ist ein lebendiges Kunstwerk, so wie wir Menschen auch. Beim Durchwandern des Gartens versuche ich den Besucher über Pflanzen in Stimmung zu versetzen, ihn zu stimmen wie ein Instrument. Wenn ich gut gestimmt bin, kommt eine angenehme Musik aus mir, dann bin ich mir und meinem Umfeld gegenüber wohltuend. Pflanzen erzeugen Stimmungen, Zypressen eine andere wie Lärchen oder Palmen. Im Garten gibt es sehr viel zu entdecken und zu erforschen, Künstler schmücken dieses lebendige Kunstwerk mit ihren Skulpturen.

Was ist das Schönste an Ihrem Garten?

Ich finde die Vielfalt schön. Bei mir ist das stimmungsabhängig, es gibt ja  auch nicht den besten Wein oder die schönste Musik! Mal berührt mich die Färbung eines Baumes, mal ist es die Leichtigkeit eines Felsens oder der Geruch der Erde. Mir gefällt es am Schneckenberg sehr gut oder die Weite der Festwiese, die Stille in der Grotte. Es ist der Gesamteindruck, das gute Körpergefühl, das mich immer wieder nach einem Gartenbesuch erfüllt - so wie nach einem guten Gespräch mit einem Freund, dem Genuss eines guten Glases Wein, dem Lesen eines Gedichtes oder dem Lauschen einer mir lieben Musik.

Schauen wir auf Entwicklung der Weine: Welche Ihrer Weine sollte man liegen lassen?

Reifen lassen bekommt eigentlich allen unseren Weinen. Spannend ist es für mich, wenn ich mehrere Jahrgänge der gleichen Sorte aus dem Keller hole und nebeneinander verkoste. Da kann man für sich erkennen, wie Veränderung stattfindet und was einem persönlich in dem Moment am meisten zusagt. Interessant wird es, wenn man dann blind, also ohne zu wissen, was man verkostet, nach einer Stunde das Gleiche noch einmal probiert und sieht, was sich im Wein und einem selbst verändert hat und ob man bei seiner Meinung bleibt.

Welche Rebsorten bauen Sie heute an?

Roten und weißen Burgunder, Merlot, Cabernet, Vernatsch, Sauvignon und einige neue Sorten, die man nicht spritzen muss. Wir haben bei den einzelnen Weinsorten auch bis zu vier unterschiedliche Weintypen, da wir im gleichen Weinberg bei der gleichen Sorte auch oft sehr verschiedene Erntetermine haben.

Was ist Ihr persönlicher Lieblingswein?

Finanziell gesehen: Immer der, der sich am besten verkauft. Mir schmecken und bekommen alte Weine gut. Ich liebe charaktervolle Weine, Weine die trinkig sind, Weine die mich staunen lassen, Weine denen ein Zauber inne wohnt, deren Geist meinen Geist anregt. Weine aus der Gegend, in der ich gerade bin. Wenn ich einen Wein aus Sizilien trinke, reise ich mit meinen Sinnen an den Ätna ans Meer.

Vom Wein zur Gastronomie: Othmar Raich und sein Team betreiben hier das Restaurant Miil. Ein echter Pilgertempel für Genießer. Wie hat sich das ergeben?

Wir betreiben schon seit 1985 hier eine Weinschänke. Ich habe früher viel gefeiert und bin sehr experimentierfreudig. Es entstehen bei uns im Keller viele Weinsorten in kleinen Mengen. Pro Jahr kommen etwa 15 Weine heraus mit vielleicht manchmal nur 1000 Flaschen. Das interessiert den Weinhandel nicht. Daher war das Weinlokal immer schon wichtig für den Absatz und die Bekanntmachung unserer Spezialitäten. Ein paar Jahre habe ich die Kneipe damals selber geführt, später verpachtet und seit sieben Jahren betreibt Othmar Raich nun ein sehr spezielles  Restaurant. Er hat sich damals einfach in das Lokal verliebt.

Wenn jemand das erste Mal nach Südtirol ins Etschtal kommt, was sollte er tun?

Die Natur genießen, die Bergwelt erkunden. Auch kulturell gibt es wirklich außerordentlich viel zu erleben: Die Altstädte von Bozen, Meran, Brixen - viele wunderbare Dörfer, Burgen, gute Gasthäuser, gemütliche Kneipen. In Meran zum Beispiel die urige, sehr einfache Rothaler Weinstube.  

Zum Schluss noch ein Ausblick: Was gibt es Neues im Kränzelhof in den kommenden Jahren?

Ich will versuchen die Mittarbeiter noch mehr einzubinden, die Begeisterung für das Projekt zu beleben. Ich arbeite gerade an einem neuen Projekt, einem beseelten Saal im Garten für ganz spezielle Anlässe. Beim Wein wollen wir noch gewagtere Kunstwerke schaffen - auch mit dem Risiko, nicht verstanden zu werden.

Wir sind gespannt: Hier am Kränzelhof geht Tradition einher mit Moderne, Natur - und das auf ganz eigenen Wegen…

Es ist nicht mein Ziel, perfekt zu sein, mir ist Lebendigkeit wichtig. Auch ist mir sehr wichtig, dass die Besucher des Kränzelhofes etwas Bleibendes und Erfüllendes mit nach Hause nehmen können.

Ein wunderbares Schlusswort! Lieber Graf Pfeil, herzlichen Dank für das interessante Gespräch.

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