INTERVIEW
Der Motorsportexperte und Formel-1-Kommentator von RTL war selbst 20 Jahre als Rennfahrer aktiv. Mit uns sprach er über seine eindrucksvolle Karriere, die Automobil-Industrie und welche besondere Erinnerung ihn mit Ayrton Senna verbindet.
Lieber Herr Danner, seit über 20 Jahren sind Sie DER Motorsportexperte in den TV-Übertragungen von RTL, davor waren Sie selbst fast 20 Jahre als Rennfahrer aktiv. Wie kamen Sie zum Motorsport?
In meinem Geschäft werden die Sechs- bis Siebenjährigen oft von den Eltern auf die GoKart-Bahn gezogen und das war’s dann. Bei mir lief die Entwicklung ganz anders. Meine Eltern haben sich einen Pfifferling für Motorsport interessiert. Meine Leidenschaft entstand vielmehr an einem Zeitungskiosk in München Pasing im Alter von etwa zehn Jahren. Da habe ich mich in das Titelbild einer Motorsportzeitschrift verliebt – und von da an war klar: Das wird mein Beruf! Ich habe Abitur gemacht, dann den Führerschein und erst im Anschluss wurde ich Rennfahrer. Ganz schön spät!
Ihr Vater war der bekannte Unfallforscher Max Danner. Wie ließ sich das vereinbaren?
Mein Vater hat als Ingenieur für die Allianz das Zentrum für Unfallforschung betrieben. Viele Sicherheitsfeatures in heutigen Autos gehen auf ihn zurück: Gurtpflicht, Abschnittsreparaturen, u.v.m. Doch der Motorsport hat ihn nicht interessiert. Der Bub sollte studieren, der Rest war egal. Doch der Bub wollte Rennauto fahren – und so hat es ein wenig gedauert, bis ich bekommen habe, was ich wollte.
Sie mussten sich also alles selbst finanzieren?
So ganz ohne Geld geht es in dem Sport nicht. Ich hatte aber das große Glück, direkt nach der Amateurzeit von dem Münchener Geschäftsmann Manfred Cassani unter Vertrag genommen zu werden – und aus dieser Verbindung heraus hat mich BMW als Werksfahrer verpflichtet. Es war ein harter Weg ins Profi-Geschäft, denn ich hatte wenig Erfahrung und musste in kurzer Zeit viel aufholen.
Wie ging es dann weiter in die Formel Eins?
In der neuen Formel 3000 wurde ich direkt Europameister. Die fand immer im Vorfeld der Formel Eins statt. Sehr dominant gewann ich die Titel. Das ebnete den Weg.
Sie haben damals die turbulente Turbo-Ära erlebt. Was war das für ein Gefühl, so ein Auto zu fahren?
Die Motoren waren unheimlich leistungsstark, aber eigentlich unfahrbar, weil ziemlich unterentwickelt. 1.200 PS und selbst im 6. Gang schiebt es noch. So ein Biest unter Kontrolle zu halten, ist wirklich brutal.
Sie waren aktiver Rennfahrer in einer Zeit, in der der Tod quasi mitfuhr: Ayrton Senna und Stefan Bellof verunglückten tödlich im Ring. Wie geht man mit der Angst um?
Ich hatte mit dem Thema Angst keine Schwierigkeiten. Angst existierte nicht für mich. Sicher gab es auch Fahrer, bei denen es ganz anders lief und natürlich geht es enorm an die Nieren, wenn man Freunde hat, die in der Meisterschaft verunglücken. Aber mich hat das nicht einen Millimeter von meiner Leidenschaft abgebracht. Trotz der schrecklichen Ereignisse konnte ich immer nach vorne blicken. Ich hatte Probleme mit dem menschlichen Verlust, nicht aber mit dem Sport.
Mit Ayrton Senna verbindet Sie eine ganz persönliche Erinnerung an den Grand Prix Monte Carlo?
Ich habe mich mit ihm sehr gut verstanden – das war eher unüblich, denn die Superstars galten damals als unzugänglich. Ayrton war ein sehr präsenter Mensch, der mich in den Bann gezogen hat. Eine unglaubliche Persönlichkeit! Im freien Training hat mich damals jemand über den Haufen gefahren und der Rennleiter beschloss, mich vom Rennen auszuschließen. Ayrton war hinter mir gefahren und hat den Unfall beobachtet. Er wusste, dass es nicht meine Schuld war. So versammelte er die komplette Weltpresse zur Konferenz und rehabilitierte mich. Was mir angetan wurde, sei unfair, erzählte er den Journalisten.
Sie kennen viele Rennstrecken. Welche ist in Ihren Augen die beeindruckendste?
Der Nürburgring mit der Nordschleife – die faszinierendste, aber auch gefährlichste Strecke der Welt. Am emotionalsten ging es für mich immer in Rio de Janeiro zu: Ein wunderbare Strecke mit herrlicher Stimmung! Leider wurde die Strecke abgerissen und die olympischen Sportstrecken darauf gebaut.
Sie sind später in den USA IndyCar gefahren und für die DTM. Irgendwann kam das Karriereende…
Bei der DTM war ich einziger deutscher Werksfahrer für Alfa Romeo. Als der Hersteller aufhörte, war ich 40 Jahre alt. Da überlegt man sich schon, geht es weiter oder nicht? Und dann ergab sich die Chance mit RTL. Ich habe zwar nicht direkt meine Bestimmung darin gesehen, aber ich war froh um den Job. Es fühlte sich anfangs schon blöd an, an der Rennstrecke zu stehen und kein Auto zu haben! Doch ich empfinde es heute als großes Glück seither diesen Job zu haben. Der Motorsport ist mein Leben. Dank meiner Erfahrung macht mir keiner was vor.
Wie sehen Sie die Formel Eins früher und heute? Welche Entwicklungen gab es?
Grundsätzlich: Die Gesetze der Physik haben sich nicht verändert. Die Autos haben immer noch vier Räder, Pedale, etc. Was sich verändert hat, ist die Herangehensweise: viel wissenschaftlicher und gläserner als zu meiner Zeit. Heute lesen massenhaft Ingenieure die Daten aus: In Kurve 1 verhält er sich so, in Kurve 2 so. Ich bewundere die Akkuratesse mit der Formel Eins-Fahrer heute damit umgehen. Bei mir waren noch keine Knöpfe am Lenkrad, aber auch dann ist das Auto irgendwann gerutscht! Doch der Umgang war ein anderer damals. Ich finde es schön, wenn man das eine mit dem anderen kurzschließen kann.
Entwicklung ist das Stichwort: In der „normalen“ Automobil-Industrie beherrschen Themen wie E-Mobilität oder Autonomes Fahren die Schlagzeilen. Wo sehen Sie die Zukunft?
Wir befinden uns ja gerade bei Jaguar – und der Hersteller hat in Sachen E-Mobilität schon einige wegweisende Highlights zu bieten. Der I-PACE etwa ist ein sehr schönes Auto, auch auf der Rennstrecke. Eine faszinierende neue Sparte der Automobil-Industrie. Ich selbst fahre gern E-Auto –da wo es Sinn macht. Ich wohne am Starnberger See und fahre massenweise Kilometer. Hier wäre ich mit dem E-Auto gehandicapt. Würde ich allerdings in München arbeiten und hätte Tagesetappen von 200 bis 250 Kilometern, bliebe mir noch genügend Reserve, um auch noch außerordentliche Touren zu fahren. Ich glaube, in den nächsten Jahren wird sich hier viel tun: Wir werden mehr und mehr E-Autos und Hybride sehen, aber auch weiterhin den klassischen Verbrennungsmotor.
Und wie wird sich Autonomes Fahren entwickeln?
Das ist nicht mein Ding. Liegt aber wahrscheinlich an meiner DNA als Rennfahrer. Ich lasse mir doch nicht von einem Computer sagen, was ich tun soll. Aber es gibt sicher eine Nische. Wenn ich nicht selbst fahren kann, nehme ich lieber Bus oder Tram. Da fühle ich mich wohler.
Seit 2005 sind Sie Partner von Jaguar Land Rover und Leiter von deren Driving Academy. Wie kam es dazu und was beinhaltet die Partnerschaft?
Jaguar hat wilde Jahre hinter sich, doch unter Prof. Dr. Ralf Speth als CEO macht dasUnternehmen eine brillante Entwicklung. Ich bin hier verantwortlich für die fahraktiven Events. Es geht hier nicht nur um die Festlegung von Strecken oder Parcours sondern fahraktive Events brauchen modellbezogene Inhalte. Das ist mein Job! Mittlerweile habe ich eine tolle Truppe an zertifizierten Instruktoren auf Top-Niveau. Bei Jaguar sind die Events eher performant, bei Land Rover/Range Rover geländegetrieben.
Sie sind viel in der Welt herumgekommen. Wo entspannen Sie?
Über das Reisen kann ich viel erzählen, wobei die weißen Flecken auf meiner Weltkarte trotzdem noch üppig sind. Wo fahre ich gerne hin? Steht ein Rennen im Vordergrund, dann Rio. Ich bin auch nach wie vor gern in Suzuku in Japan. Doch wo fühle ich mich am wohlsten auf der Welt? Am Starnberger See. Egal, ob Singapur, Rio, Sao Paolo – am schönsten ist es daheim! Denn die Mischung macht‘s: Wir haben hier vier Jahreszeiten. Im Winter bin ich morgens im Büro und stehe nachmittags auf den Langlaufskiern in Seefeld. Im Sommer bin ich bei schlechtem Wetter im Nu am Gardasee. Mehr brauche ich nicht! Auch wichtig sind mir soziale Strukturen, gesellschaftliches Umfeld und die medizinische Versorgung: Da haben wir hier die Spitze des Eisbergs!
Haben Sie Restaurant-Tipps für unsere Community?
Das ist von der Location abhängig: In Melbourne etwa, sind wir immer in einem herrlichen kleinen Kunsthotel mit super Restaurant. „The Blackman“ heißt es und liegt direkt am Albert Park in Fußdistanz zur Rennstrecke. Eine der faszinierendsten Städte der Welt ist für mich Mexico City - inklusive der hiesigen Restaurants: Vom klassischen Lokal „San Angel Inn“ bis hin zu hippen Läden, wie etwa dem „Rosa Negra“ - kulinarisch hat die Stadt Einiges zu bieten!
Und wie sieht es am Gardasee aus?
Ich bin gerne in Riva und Sirmione. Die „Villa Cortine“ dort ist für mich ein einzigartiger Ort. Gegenüber, auf der anderen Seeseite, in San Vigilio, gibt es auch ein kleines Hotel mit Restaurant! Sensationell. Mit dem Boot dorthin, Spitzenküche und guter Wein!
Herr Danner, vielen lieben Dank für diese interessanten Eindrücke und weiterhin viel Erfolg!
Hat dir dieses Interview gefallen? Dann klicke gefällt mir
Gefällt dir dieses Interview?
Dann klicke gefällt mir