INTERVIEW
Musik ist für ihn pure Emotion. Er ist einer der erfolgreichsten Event-DJs Deutschlands. Seit 20 Jahren begeistert er mit seiner musikalischen Vielseitigkeit das Publikum. Mit uns sprach er über seine größte Leidenschaft, die hohe Kunst des DJ-Seins und wie er zu John Munich wurde.
Lieber John, als Sohn des legendären Udo Jürgens teilst Du dessen Leidenschaft für Musik. Seit fast 20 Jahren bist Du ein gefragter DJ und Eventmanager. Begeben wir uns auf Zeitreise: Was war für Dich der ausschlaggebende Moment für diesen Beruf?
Als ich 1997 angefangen habe, war das noch gar kein anerkannter Beruf und ich selbst mit 33 Jahren auch schon verhältnismäßig alt. Die Liebe zur Musik wurde mir allerdings in die Wiege gelegt. Mein Vater saß stundenlang am Klavier, komponierte und allein die Plattensammlung meiner Eltern spricht Bände: Bei meiner Mutter standen Barbra Streisand, die Bee Gees, Barry White oder Al Jarreau. Mein Vater mochte mehr die rockigen Sachen - Alan Parson’s Project, Pink Floyd und dergleichen. Als ich zehn Jahre alt war, schenkte er mir die erste Platte, später gab es Deep Purple, Robert Palmer, Queen… Wer so aufwächst, entwickelt die Liebe zur Musik – wird aber nicht automatisch DJ…
Dein Weg führte zunächst nach New York?
Mit 17, 18 Jahren wollte ich unbedingt Schauspieler sein. Wir drehten damals Schmalfilme, im Stil der „Supernasen“. Später kamen Musicals, Theaterprojekte und Tourneen, unter anderem mit Christiane Krüger, Horst Janson oder Georg Thomalla. Mit 24 Jahren entschied ich mich, auf die Schauspielschule nach New York zu gehen. Ich saß genau hier im Bayerischen Hof mit meinem Vater und wir berieten, wo die Reise hingehen sollte. Er liebte New York, hat dort selbst studiert und schickte mich mit einem kleinen Taschengeld über den Teich. Das waren großartige drei Jahre. Zurück in Deutschland spielte ich dann zunächst im Marienhof. Aber es ging nicht weiter, meine Karriere steckte in der Sackgasse und ich ging finanziell auf dem Zahnfleisch. Ein Freund von mir organisierte, dass ich einmal die Woche in einem kleinen Laden in der Leopoldstraße auflegen konnte, um ein wenig Geld zu verdienen – sonntags, wenn man am wenigsten Gefahr lief, etwas kaputt zu machen. Doch es lief und bald durfte ich auch an anderen Tagen auflegen.
Das war im Lardys…
Zu der Zeit ein absoluter Kultladen, ganz frisch. Ich passte gut zum Konzept „Tapas & Soul“. Es dauerte nicht lange, bis ich in anderen Läden, etwa im Kunstpark Ost oder Lenbach auflegte. Ich nannte mich anfangs nur John und hatte keinen DJ-Namen. Zur zweijährigen Geburtstagsfeier des Lardys, überlegten wir dann, was wir auf die Einladung schreiben. In New York hatte ich den Spitznamen John Munich – und so kam es. Ich wollte auf gar keinen Fall mit meinem realen Namen auftreten. Das gibt den Leuten zu viel Denkstoff. Die sollen in den Club gehen, ihr Bierchen trinken oder Champagner schlürfen, aber bloß nicht darüber nachdenken, wessen Sohn da oben am Pult steht.
Gab es damals DJ-Vorbilder?
Auf jeden Fall die damaligen Local-Heros in München! MC Mike, DJ L.U.P.O, DJ Ehal und DJ Chris Crisp. Später in MY dann z.B. Dimitri from Paris und natürlich Mousse T. - er ist ein all time hero! Man ging immer gerne in Clubs, wo viel musikalischer Wechsel stattfand. Diese Genrewechsel habe ich selber auch als ein Markenzeichen.
Was bedeutet Dir Musik?
Alles. Das ist Emotion pur. Es gibt tatsächlich Menschen, die mit Musik nichts anfangen können. Für mich birgt sie Erinnerungen, Gefühle. Ich gehe am DJ-Pult richtig auf - tanze, singe, spiele Bass und nehme die Menschen mit auf meine musikalische Reise. Dann spiele ich Tracks, die man lange oder vielleicht auch noch gar nicht gehört hat. Ich bin Event-DJ - die Leute kommen nicht wegen mir, sondern weil Mercedes oder irgendein anderes Unternehmen mich gebucht haben. Das ist der Unterschied!
Stichwort Event-DJ: Du hast bei großen Veranstaltungen wie etwa Bambi, Herz für Kinder oder Kino-Premieren aufgelegt. Was war Dein persönliches Highlight?
Es gibt einige. Ganz besonders in Erinnerung geblieben ist mir die Europa-Premiere von Mission Impossible II in Paris - insbesondere auch, wie es dazu gekommen ist: Ein Münchener Eventmanager nahm mich damals mit nach Cannes zu den Filmfestspielen, wo ich auf einem Schiff auflegte. Dort haben mich die Amerikaner gehört und wollten unbedingt „den DJ vom Schiff“ für ihre Premierenfeier in Paris. Viele DJs spielen einfach nur House, bei mir gibt es einen Misch-Masch - auch mit Künstlern wie Simply Red, Stevie Wonder, Barry White, Justin Timberlake oder Bruno Mars. Wenn Du um zwei Uhr morgens Phil Collins „Easy Lover“ spielst, dann brauchst du keine aktuelle Radio-Mucke. Ich mache Musik für erwachsene Leute. Man kann sich gar nicht vorstellen, wie z.B. die Leute in Paris damals ausgerastet sind, als ich „Sir Duke“ von Stevie Wonder gespielt habe.
Du berätst auch Unternehmen in Bezug auf Musik?
Auf mich kommen Hotels und Spas zu, hinsichtlich Musikberatung. Unternehmen machen sich viele Gedanken: Wie sieht etwas aus? Wie fühlt es sich an? Aber daran, was in welcher Lautstärke zu hören ist - daran denken die Wenigsten. Ich optimiere die Musikgestaltung - was ich schon u.a. für Alfons Schuhbeck in München, Eickhoff in Düsseldorf oder für Hotels gemacht habe. Ich berate, was passt und erstelle Playlists für Rezeption, Barbereich, Abendessen oder Frühstück.
Auch beim Playboy arbeitest Du als Musikredakteur. Inwiefern ging für Dich ein Traum in Erfüllung, als Du für den Playboy eine CD erstellen durftest?
Das war 2017 die Compilation-CD „The boy is playing“. 2008 habe ich schon mal eine CD gemacht: „Soul Ya II“. Das noch einmal tun zu dürfen, war ein absoluter Traum: Für mich mussten es drei Compilation-CDs sein. Die erste Scheibe enthält Musik, die groovt. Ideal vor dem Ausgehen, um in Stimmung zu kommen. Da findet man zum Beispiel die Jackson Five, Rodney Franklin, Earth, Wind and Fire. CD Nummer zwei versetzt dann in den Club mit House und Elektro-Tracks, unter anderem mit Mousse T oder Avicii. Der dritte Teil erinnert an die erotischen Ambitionen des Playboys. Das wäre die Musik, die man einschaltet, wenn im Club die Lichter angehen und man das Mädel des Abends mit nach Hause nimmt. Da findet man dann Tracks wie zum Beispiel „Sexual Healing“.
Verdient man damit Geld?
Eine lustige Geschichte: Ich flog zu einem Gig nach Düsseldorf und traf am Flughafen einen Freund, der im Management des FC Bayern tätig ist. Wir unterhielten uns und ich wurde der Runde mit Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge vorgestellt. Letzterer kommt auf mich zu und zeigt mir sein Handy: „Sind Sie nicht der, der diese CD gemacht hat?“, will er wissen. Er habe gerade diese CD auf iTunes auf dem Weg zum Flughafen gehört und ob man damit Geld verdiene? Nein, ums Geld geht es hier gar nicht. Ich freue mich, wenn die Leute meine Musik hören. Es gab dann ein Instagram-Selfie von uns beiden für den Playboy.
Also eher Leidenschaft?
Absolut. Feedback treibt mich an, genauso wie die Energie auf der Tanzfläche. Ich laufe bei einem längeren Track gerne mal durch den Raum. So prüfe ich, wie meine Musik wirkt. Aber genauso bin ich leider auch anfällig für negative Vibes.
Ist man dagegen nicht gewissermaßen abgehärtet durch das prominente Elternhaus?
Ich bin mit einem Silberlöffel aufgewachsen, in einer Villa in Kitzbühel mit Sauna und Pool. Da kann man schlecht von abhärten sprechen. Aber gegen die negativen Vibes der Leute schon. Ein österreichisches Sprichwort besagt: Irgendeiner ist immer ein Oarsch. Und dagegen braucht man ein dickes Fell.
Es gibt eine riesen DJ-Szene weltweit. Inspiriert man sich da gegenseitig?
Ich bin stark vernetzt und wir befeuern uns gegenseitig. Ibiza ist nicht mein Thema - ich bin seit 20 Jahren verheiratet, habe drei Kinder. Das passt nicht. Aber ich finde es interessant in der Stadt zu Events zu gehen, wo Kollegen auflegen. Auch mit meinem Vorgesetzten und guten Freund bei Radio Gong tausche ich mich regelmäßig aus.
Apropos Radio: Ist Deine Sendung „Munich Finest“ noch zu hören?
Seit kurzem gibt es die Sendung nicht mehr im Radio, dafür aber als Stream in der App oder im Webradio. 24 Stunden am Tag. Hier mache ich auch noch einen zweiten Stream mit Relax-Musik. Daneben gibt es einen Kids-Stream, Wiesn-Musik, Weihnachtslieder und vieles mehr. Alles werbefrei und kostenlos. Man verbindet sich einfach per Bluetooth mit einem Lautsprecher – und los geht’s!
Thema Familie: Wie schwer ist es, den Spagat zwischen Deinem Beruf als DJ und der Familie zu meistern?
Das geht nur mit einem Partner, der voll und ganz mitmacht. Meine Frau ist hier mein Rückgrat - privat wie beruflich. Sie kümmert sich um mein Management und alles, was im Büro anfällt. Wenn du mich buchen möchtest, hast du erst einmal mit meiner Frau zu tun! Das funktioniert ganz hervorragend. Sie ist viel im Büro, ich kümmere mich in der Zeit gerne auch um den Haushalt, gehe einkaufen und koche. Wir sind ein gleichwertiges Team!
Wie hat Dein berühmter Vater damals Deinen Berufszweig gesehen?
Anfangs schon ein wenig kritisch. DJs werden oft auf dem gleichen Level wie Türsteher gehandelt. Das macht man, wenn man sonst nichts gelernt hat - so die Meinung vieler. Aber: Türsteher und DJs werden gebraucht. Ein guter Türsteher ist kommunikativ, hat Brain und der DJ eine verantwortungsvolle Aufgabe: Er muss das umsetzen, was der Club oder Auftraggeber sich vorstellt. Wenn der von 23 Uhr bis 1 Uhr Vollgas wünscht, musst du die Knöpfe kennen. Wenn mich ein Autohaus zur Eröffnung bucht, 400 Gäste eingeladen hat und bestes Catering auffährt, dann darf der DJ nicht das Event versemmeln. Ich muss mich jedes Mal aufs Neue beweisen.
Die Jahre nach dem Tod Deines Vaters seid ihr medial regelrecht verfolgt worden. Ist das Thema heute abgehakt?
Das Erbe, ja. Aber, dass ich Sohn bin, das wird nie abgehakt sein. Man muss lernen, damit umzugehen. Ich habe größtes Verständnis für die Faszination „Udo Jürgens“. Was er geschafft und erreicht hat, ist wirklich unglaublich. Wie schwer das ist, versteht man erst, wenn man selbst im Show-Business tätig ist. Bei ihm war es Leidenschaft, Können, aber auch: zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein! Alles muss passen. Mit jetzt 55 Jahren komme ich immer besser damit klar - es ist einfach ein Teil von mir.
Wenn Du einem jungen Kollegen Tipps geben solltest, was würdest Du raten?
Folge deiner Leidenschaft. Think big, habe Ziele, aber sei dir für nichts zu schade. Die Kellnerin dort an der Bar, wird vielleicht einmal Hoteldirektorin. Ich habe in New York als Radkurier gearbeitet, als Platzanweiser Geld verdient und bei Caterern geschuftet. Man sollte sich selbst nicht so wichtig nehmen. Ich verfolge die Philosophie meines Vaters: Bei einem Problem hilft nur die Flucht nach vorn.
Engagierst Du Dich auch sozial?
Jeder kann im Kleinen etwas tun. Ich zum Beispiel sammele beim Joggen Plastik auf - im Wald, auf der Straße, im Buga-Park. Die Leute sehen mich an und denken: Was macht der Depp? Ich schieße dann ein Selfie und poste es auf meinem Instagram-Account #ramadama_plogging_munich. Rede nicht nur drüber, sondern mach es einfach! Das ist meine Philosophie.
Apropos Instagram. Man sieht dort, dass Du auch gern reist. Was sind deine Hotspots?
Beruflich bin ich viel unterwegs - von Helsinki bis Budapest. Privat ist Portugal und die Algarve mein Rückzugsort. Ich liebe das Hotel Vila Vita Park mit seinen Gärten. Du kommst dort hin und denkst du bist im Garten Eden gelandet. Alles auf höchstem Fünf-Sterne-Niveau mit großem Wohlfühlfaktor. Von meinem Vater werde ich das Haus in Portugal übernehmen. Dort sind wir gerne und gehen in die kleinen Dörfer essen.
Dann hast Du sicher kulinarische Insider-Tipps?
Typisch portugiesisches Hähnchen - Chicken Piri Piri - isst man im Restaurant O Teodosio in Guia. Dort kann man nicht reservieren. Es empfiehlt sich daher, im Sommer früh dort zu sein. Das Lokal ist wie eine große Bahnhofshalle, immer voll. Man reicht das scharf angebratene Kleinhuhn hier mit Pommes und den typisch grünen Tomaten aus der Region. Als Nachtisch gibt es Tarte de Natas. Fischlokale gibt es auch sehr viele in der Region. Ich empfehle das Dona Barca in Portimao unter den Brücken. An der Fischtheke blickt man dem frischen Fisch ins Auge, der später auf dem Teller landet. Auch die Beilagen sind Wahnsinn - und das alles ohne Nepp zu vernünftigen Preisen. Auch die Cataplana - das ist die portugiesische Paella - kann man hier hervorragend essen. Westlich von Faro liegt das Restaurant Rui in Silves. Das war das Lieblingslokal meines Vaters. Auch hier gibt es großartigen Fisch – zum Beispiel blau, also nur gekocht. Fantastisch.
Und in München?
Edel und stets auf höchstem Niveau isst man im Bogenhauser Hof mit feiner Klientel. Wir gehen auch gerne asiatisch essen im Champor an der Denninger Straße. Das ist das erste malaysische Restaurant Deutschlands mit authentischer Küche. Es empfiehlt sich, hier zu reservieren.
Seid Ihr auch in der alten österreichischen Heimat?
Einmal im Jahr gehen wir in der Region Kitzbühel Skifahren. Wir sind keine Fans von großen Hotels, sondern mieten uns lieber eine Ferienwohnung. Abends gehen wir gerne auch mal essen, zum Beispiel frische Forelle in St. Ulrich. Denn Essen ist unser großes Hobby!
Welche Projekte stehen bei Dir an?
Ich sehe in der Hotelberatung ein Standbein für die Zukunft. Ich bin jetzt 55 Jahre. Da fragt man sich schon, wie lange das in dem Beruf noch geht. Irgendwann ist man vielleicht der ältere Herr hinter dem Pult. Aber noch ist das nicht so - es macht Spaß! Und auch die nächste Generation meiner Kinder tanzt gerne zu meiner Musik.
Lieber John, herzlichen Dank für dieses interessante Gespräch und weiterhin alles Gute!
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