Tamara Comolli - Lifestyle-Insider.com

Tamara Comolli

INTERVIEW

Luxus trifft Lässigkeit: Die Schmuckdesignerin inszeniert auf unverwechselbare Weise Gold, Edelsteine, Holz und Leder. Die modernen und zugleich zeitlosen Designs lassen sich nahezu unbegrenzt kombinieren. Mit uns sprach sie über ihre weltberühmten Kreationen.

21. Mai 2019

Liebe Frau Comolli, ich möchte gleich mit einem Zitat von Ihnen beginnen: „Meine Kundinnen sind Frauen, die Luxus mögen, ihn aber nicht zur Schau tragen“. Wie kommt man zu dieser Philosophie?

Das ist in jeder Frau tief verankert. Ich bin in einem glamourösen Umfeld aufgewachsen. Mein Vater arbeitete in einem Casino und meine Mutter musste stets in Abendrobe gekleidet sein. Wir waren umgeben von Protz und einer Kunstwelt, wurden aber reduziert erzogen und sind quasi am Strand aufgewachsen. Wohlgefühlt haben wir uns immer dort, wo wir, wir selbst sein konnten. Luxus zur Schau tragen ist oft anlassbezogen. Schmuck wird angelegt, mit der Attitude „Ich zeige, was ich habe“ und nicht „Ich zeige, wer ich bin“. Ich bin mit Understatement groß geworden. Wir sollten nichts zur Schau tragen - und ich bin damit mein Leben lang gut gefahren. Und doch kreiere ich heute Schmuck, der qualitativ nicht zu übertreffen ist! Eine echte Challenge: Etwas sehr Hochwertiges auch lässig zu interpretieren.

Ihr Credo lautet „Casual Luxury“…

Casual im Sinne von „selbstverständlich“. Danach sehnt sich jede Frau, stilsicher das zu tragen, womit sie sich identifiziert. Das gilt für Mode, genauso wie für Einrichtung. Ich bin kein Fan von Innenarchitekten oder Personal Stylisten. Man muss selbst fühlen, was passt. Bei mir im Laden entdeckt die Frau und sucht sich aus, wie sie sich wohl fühlt. Wir sehen es der Kundin am Outfit und ihrer Aura schon beim Betreten des Ladens an, welche Edelsteinfarbe passt. Mein Schmuck ist lässig nach dem Motto „Play it down“. Ich habe auch Diamantöses in der Kollektion, aber dann auch manchmal bequem am Lederband und nicht immer an der Kette inszeniert.

Sie produzieren jetzt seit 25 Jahren Ihren Schmuck. Wie hat alles begonnen?

Ich bin ein großer Fan von Armbändern, damit fängt bei mir immer alles an – in meinen Augen auch der femininste Schmuck, den es gibt. Vor über 30 Jahren habe ich die ersten Armbänder entworfen. Doch mein Vater meinte, davon könne ich mich später nicht ernähren. Also studierte ich BWL und arbeitete anschließend in einer Unternehmensberatung und in der Werbebranche. Nebenher habe ich für mich selbst Schmuck entworfen und wurde immer wieder von Frauen darauf angesprochen. Mit 29 Jahren dachte ich dann: Jetzt oder nie! Ich lebte damals in Amerika und ging mit einem kleinen Köfferchen Klinken putzen, bei Juwelieren und auf Messen. Das alles kam über meine Passion für Edelsteine, die mich nie losgelassen hat. Und so entstand Kollektion um Kollektion.

Nach und nach haben Sie eigene Stores eröffnet?

Am Anfang haben wir nur mit Juwelieren gearbeitet, die, wie ich, Besonderes suchen. Alles, was ich kreiere, soll bleiben. Daher baut fast jede Kollektion auf der letzten auf. Eine Kundin kann heute ein Stück finden, das perfekt zu einem Schmuckstück passt, das sie vor zehn oder zwanzig Jahren bei mir gekauft hat. Dementsprechend groß sind meine Kollektionen - und brauchten irgendwann einen eigenen Laden. Ganz entscheidend ist für mich die Location meiner Stores, die eben das casual understatement-Lebensgefühl“ abholen. Und so eröffneten wir die erste Boutique 2008 in den Hamptons, in Southampton - mitten in der Finanzkrise. Das erste halbe Jahr hatten wir kaum eine Menschenseele im Laden und doch gibt es ihn heute, zehn Jahre später, noch immer. Inzwischen haben wir sieben eigene Boutiquen und über 100 Juweliere, die unseren Schmuck vertreiben. Wir sind immer dort, wo die Menschen lockerlassen - im Urlaub!

Und wo genau?

Ein elementarer Bestandteil meines Firmenlogos ist der Tropfen, der über meinem Markennamen thront. Der steht für das Element Wasser - daher sind wir immer irgendwo „beachy“ am Wasser. Das kann zum Beispiel die Nordsee sein, auf Sylt, in Italien in Forte dei Marmi, oder Palm Beach oder zum Beispiel hier am Tegernsee in Rottach-Egern. Überall, wo man luxuriöse Ferien am Strand bzw. am Wasser machen kann.

Wer ist Ihre Hauptzielgruppe?

Menschen, die das Besondere sofort erkennen und Qualität spüren. Es gibt aber auch Kunden, die zu mir kommen, weil sie Plattitüden und Oberflächlichkeit satthaben. Sie suchen etwas Neues, mit dem sie sich wohlfühlen können. Beyond Luxury!

Wie kreiert man Lässigkeit?

Gute Frage! Alle meine Stücke tragen meine Handschrift. Ketten sind lang, Armbänder haben immer etwas Besonderes wie an den Enden die typischen hängenden Drops. Ich kombiniere Materialien, wie Holz und Leder mit 18 Karat Gold. Alles aus einem Guss zu haben, ist für mich ein absolutes No-Go! Durch meine Designhandschrift passen die Dinge zueinander und das macht es lässig. Auf die Wertigkeit im Material lege ich ebenso größten Wert, wie auf den Überraschungseffekt. Meine Schmuckstücke sollen auf Vorder- wie Rückseite ein „Wow“ haben. Das macht die Designs einzigartig.

Welche Materialien nutzen Sie?

Wir arbeiten mit einem Potpourri an Edelsteinen – angefangen bei kleinen bunten Edelsteinen oder blauen Topas, die nicht so teuer sind, bis hin zu Paraiba Turmalinen, die fast unerschwinglich sind. Wir arbeiten auch mit Diamanten sowie purem Gold und spielen mit exotischen Dingen, wie etwa dem Ocean Jasper. Letzterer wird in unterirdischen Minen gefördert, die man nur bei Ebbe betreten kann. Die Steine kombinieren wir mit Holz oder Leder - Materialien, die niemand im Fine Jewelry verwendet. Das macht die ganze Sache spannend!

Gab es eine Kollektion oder ein spezielles Stück, das Ihre Marke etabliert hat?

Das Flamenco-Armband. Es gibt da dieses berühmte Bild von mir: Ich bin im Urlaub, trage einen Riesenhut über dem Kopf und schlürfe eine Kokosnuss. Die Abendsonne fällt genau auf das Armband und der Fotograf schoss in dem Moment dieses Bild. Lässig im Urlaub mit unlackierten Fingernägeln, einer Kokosnuss und einem Armband für fast 50.000 €. Das brachte den Durchbruch. Ich habe auch Stücke, die Preise gewonnen haben - etwa das Diamond Leaf, das den De Beers Award 2004 erhielt.

Was ist Ihr persönliches Lieblingsstück?

Was immer ich trage. Das Snowflakes-Blatt trage ich sicher 90 Prozent der Zeit. Mein Lieblingsstück entstand vor über 15 Jahren, als ich den De Beers Diamond Award mit dem „Forbidden Paradise Leaf“ gewann. Ich trage außerdem fast täglich den Tropfenring, den ich von Anfang an in der Kollektion hatte.

Welche Must-haves aus Ihrer Kollektion würden Sie empfehlen?

Wenn ich eine neue Liebhaberin gewinnen möchte, würde ich zunächst einen Mikado-Kegel in der Lieblingsfarbe der Kundin empfehlen. Dann, wenn es etwas hochwertiger sein soll: ein Armband aus der India-Kollektion. Man wickelt es dreimal ums Handgelenk - das ist pure Lässigkeit.

Man spürt Ihre Leidenschaft für Ihr Schaffen. Sie sind jedoch nicht nur ein Brand sondern auch ein Wirtschaftsunternehmen. So war kürzlich zu lesen, dass Sie Anteile der Firma an ein chinesisches Unternehmen in Hongkong verkauft hätten?

Ich möchte klarstellen: Das ist kein chinesisches Unternehmen, sondern eine Holding aus Hongkong, hinter der Schweizer und Franzosen stehen. Meine Beweggründe waren nicht monetär, sondern ein strategischer Move, um den Fortbestand der Firma zu sichern. Ich habe das Unternehmen allein groß gemacht und beschäftige 70 Mitarbeiter. Ich möchte, dass sie weiterwachsen können, ohne irgendwann an meiner Kapazitätsgrenze zu scheitern. Ich habe eine gute Truppe und Management, jedoch keinen Nachfolger, niemand der dieses Kleinod langfristig weiterführt. Daher habe ich „mein Baby“ in Hände gegeben, die das auch können. Mir war wichtig, dass der Partner von Anfang an Verantwortung übernimmt und so habe ich mehr als die Hälfte der Anteile verkauft. Das ist jetzt etwa ein Jahr her und wir führen seither eine wirklich tolle Partnerschaft!

Was hat sich seither verändert?

Eine valide Frage. Wir wollen für eine langfristige Vision die Brand Essence herausarbeiten: Alles, was ich geschaffen habe, kommt aus mir. Die DNA der Firma wäre quasi Tamara Comolli. Wir arbeiten daher seit einigen Monaten mit dem berühmten Kreativen David Lipman, der schon für namhafte Unternehmen wie Burberry ein Brandbook entwickelt hat. Er ist mit mir bis an die Substanz gegangen. Was ist Tamara Comolli? Und wie können wir sie langfristig sichtbar machen? Erst vor kurzem hat er die Ergebnisse präsentiert, das war erschreckend genau auf dem Punkt. Und das möchten wir in Zukunft noch stärker zeigen in Werbung, Instagram und Co.

Wo produzieren Sie Tamara Comolli-Schmuck?

Multi-Kulti und produktgesteuert, eben dort, wo es am besten passt. In unserer Werkstatt am Tegernsee machen wir viel mit hochwertigen Steinen und das Brot- und Buttergeschäft. In Thailand produzieren wir den Diamantschmuck, weil die es dort einfach am besten können. In Italien stellen wir hochwertigen Goldschmuck her.

Wie wichtig ist Ihnen die Thematik Nachhaltigkeit?

Für mich ein Muss in jeder Firma. Auch bei uns ist das Thema Teil der Brand Essence. Wir kaufen nur zertifiziertes Gold und haben auch bei Steinlieferanten den kompletten Prozess durchleuchtet. Meine Gemmologin war gerade erst wieder in einer Mine in Sri Lanka. Wenn wir irgendwo spüren, da läuft etwas nicht sauber, würden wir eingreifen. Ich beschäftige mich derzeit auch mit dem Thema Verpackung. Ich möchte weg von den Tüten und Papieren. Wenn ich shoppen gehe, komme ich mit der Tüte nach Hause und binnen einer Stunde werfe ich sie weg. Mir schwebt daher vor, das Schmuckstück künftig nur in einer schönen Lederpouch zu verpacken, die man dann vielleicht auch noch als Geldbeutel oder für andere Zwecke hernehmen kann. Auch privat gehe ich gerade das Thema Mülltrennung an: Das war mein großer Vorsatz für dieses Jahr und nach drei Monaten funktioniert das schon sehr gut - auch bei meinem Sohn! Es geht schnell, wenn man vorlebt. Wir können die Welt nicht alleine verändern, aber Zeichen setzen.

Wo sehen Sie sich und die Marke Tamara Comolli in zehn Jahren?

Ich werde vermutlich so eine Karla Lagerfeld, die immer noch im Design und Board mitmischt. Die Seele muss einfach spürbar sein. Und ansonsten sehe ich mich irgendwo am Strand sitzen und den Spirit walten lassen.

Sie reisen viel geschäftlich. Wo erholen Sie sich am besten?

Zu Hause! Das ist meine Welt. Wenn ich früh ins Bett gehen und den Tag unverplant genießen darf. Wo ich mich außerdem wunderbar erhole ist unter Wasser. Ich tauche sehr gern. Jedes Jahr Weihnachten machen wir Tauchurlaub mit der Familie. Eine Stunde unter Wasser, Du musst nicht sprechen, nur die Unterwasserwelt auf dich wirken lassen – und alles ist vergessen.

Haben Sie für unsere reiseaffine Community auch ein paar Tipps?

Ich habe mich erst kürzlich in das Örtchen Forte dei Marmi an der Toskanaküste zwischen Florenz und Pisa verliebt. Ein kleiner Ort, direkt am Meer, alle fahren mit dem Fahrrad! Zehn Minuten im Hinterland liegt das Städtchen Pietrasanta mit alten Kirchen, Steinmauern, tollen Restaurants, Art Gallerien und Kunstinstallationen. Empfehlen kann ich das Hotel Byron in Forte dei Marmi und die Albergo Pietrasanta.

Und Tauchempfehlungen?

Die Malediven. Hier probiere ich immer wieder Neues aus und bin voll in meinem Element - dem Wasser! John F. Kennedy erläuterte einmal in einer Rede vor einer Marinebasis, warum sich Menschen im Wasser so gut fühlen: Meerwasser hat die gleiche Konsistenz an Salz wie das menschliche Blut, Tränen und Schweiß.

Ihre Kollektionen haben einen Hauch von Ibiza-Style. Wie stehen Sie zur Insel?

Seltsamerweise war ich bisher nur einmal auf der Insel und es hat mir nicht gefallen. Es ist mir etwas zu laut und ich habe das Understatement nicht so gespürt. Portugal ist eher meine Welt. Aber es gibt sicher auch auf Ibiza oder Mykonos Ecken, die zu mir passen. Ich begebe mich da gern mal bei Lifestyle-Insider auf die Suche, denn ich habe den Eindruck, die Community tickt ähnlich, wie ich…

Das stimmt absolut! Liebe Frau Comolli, vielen lieben Dank für diese interessanten Einblicke und das nette Gespräch!

 

 

 

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