Prinzessin Lilly zu Sayn-Wittgenstein-Berleburg - Lifestyle-Insider.com

Prinzessin Lilly zu Sayn-Wittgenstein-Berleburg

INTERVIEW

Nach ihrer Märchenhochzeit mit Alexander zu Schaumburg-Lippe galt sie als schillerndste Prinzessin Deutschlands. Heute engagiert sich die Zweifach-Mutter, Unternehmerin und Markenbotschafterin vor allem für soziale Projekte. Mit uns sprach sie über die größte Abenteuer-Reise ihres Lebens.

09. Januar 2019

Liebe Prinzessin Lilly zu Sayn-Wittgenstein-Berleburg, ich freue mich sehr, dass wir uns heute im schönen Rocco Forte Charles Hotel in München zum Gespräch treffen. Sie sind eine echte Prinzessin - und doch recht bürgerlich aufgewachsen. Welche Werte wurden Ihnen vermittelt?

Meine beiden Großmütter waren sehr starke Frauen, die nach dem Krieg geflohen sind und vier bzw. fünf Kinder durchbringen mussten. Auch mein Vater verfolgte eine ganz „bürgerliche“ Karriere: Er fing in der Lehre bei Porsche und Mercedes an und arbeitete sich dann bis zum CEO von Jaguar hoch. Von diesen Menschen habe ich gelernt, dass man alles erreichen kann, wenn man an sich glaubt. Natürlich gab es auch einige aristokratische Grundwerte, die ich ebenso an meine Kinder weitervermittle: Gerade sitzen und Tischmanieren gehören genauso dazu, wie, nicht nur an sich selbst zu denken. Wir leben heute in einer entsetzlich narzisstischen Welt. Jugendliche haben eine minimale Selbstannahme, weil alles visuell ist und Essstörungen ein Zeichen davon. Meine Mutter hat mir als Teenager immer wieder aufgezeigt, mit wem ich hier und da verwandt bin - da wird man automatisch ein Teil des Ganzen.

Wie weit reicht die Geschichte Ihres Adelshauses zurück?

Mütterlicherseits, bei den von Cramms, bis etwa 900, bei den Wittgensteinern bis 1394. Das ist schon etwas Besonderes. Es gibt Sicherheit, ein gewisses Verständnis von sich selbst und Respekt anderen gegenüber. Denn wenn man sich mit dem Selbst auseinandersetzt, geht man anders mit Menschen um.

Sie sind angehende Unternehmerin, Markenbotschafterin, Mutter von zwei Kindern, engagieren sich für soziale Projekte und leben in Mailand. Wie bekommen Sie das alles unter einen Hut?

Ich schlafe nie länger als zwei Tage im gleichen Bett. Daher ist mein größter Traum: Einmal eine Woche in einem Bett zu verbringen (lacht). Aber ich bin unendlich dankbar, welche Möglichkeiten sich mir eröffnen und furchtbar gespannt, was noch kommt. Was mir wirklich fehlt, ist Zeit mit meinen Kindern. Mein Sohn arbeitet in London, meine Tochter geht in der Schweiz in die Schule und ich versuche so viel wie möglich zu pendeln. Mein beruflicher Hauptfokus liegt auf der Arbeit als Markenbotschafterin für Bulgari. Ich arbeite bewusst nur mit ganz wenigen Marken, dafür aber nachhaltig. Die Labels müssen mit meinen eigenen Werten übereinstimmen. Bulgari macht zum Beispiel viel im Corporate Social Responsibility-Sektor und unterstützt Bildungsprogramme für Kinder. Man kann nicht allen helfen, aber zukünftige Generationen zu unterstützen, ihnen Grundwissen und Verantwortung zu vermitteln, hilft Armutsrisiken zu minimieren. Seit 2010 hat Bulgari hier mehr als 80 Millionen investiert und ich bin sehr involviert.

Sie sind einerseits auf den Red Carpets dieser Welt zu Hause, andererseits scheuen Sie sich nicht davor, für einen guten Zweck, mit einem Polo von London über 10.000 Kilometer in die Mongolei zu reisen. Wie kam es zu dieser Abenteuer-Reise?

Mein Sohn ist heute 24 Jahre alt. Nach der Offiziersausbildung hatte er ein wenig freie Zeit und wollte sich sozial engagieren. Er hat von mir die Schirmherrschaft für Interhelp übernommen und wollte in diesem Zuge etwas Ungewöhnliches starten. Und so entstand die Idee zur Mongol-Rallye - die Flüchtlingsroute bis in die Mongolei rückwärts abzufahren. Seine Bedingung: Nur, wenn ich mitmache! Und das habe ich dann auch getan. Auf dem Rücksitz des VW Polo hatte ich kaum Platz für meine Beine, aber ich war der glücklichste Mensch und die Reise eine lebensverändernde Erfahrung! Es gab streckenweise kein Internet – das tat unheimlich gut. Ich habe Tagebuch geschrieben und gelernt, Menschen fremder Kulturen anders zu begegnen. Die unendliche Gastfreundschaft und Liebenswürdigkeit, die uns entgegengebracht wurde, war unbeschreiblich. Als wir zum Beispiel aus Teheran herausfuhren, zeigte uns ein Einheimischer fast 40 Kilometer lang die Strecke, warnte vor Blitzern und Polizeikontrollen und schenkte uns am Schluss auch noch zehn Melonen.

Schwingt nicht auch ein bisschen Angst mit, auf einer solchen Reise?

Als wir in Istanbul die Brücke überquerten, die den europäischen Teil mit dem asiatischen Kontinent verbindet, bekam ich plötzlich Angst. Das war so ein Schlüsselmoment und ich fing an, zu reden wie ein Wasserfall und von meinen Bedenken zu sprechen. Als ich fertig war, drehte sich mein Sohn um und sagte: „Mami, war’s das?“. Tatsächlich waren wir jetzt auf der asiatischen Seite und meine Angst verflogen. Wenn man acht Stunden und länger im Auto sitzt, dann kommt man zur Ruhe. Man lässt seine Umgebung ohne Ablenkung auf sich wirken – man hat gar keine andere Wahl. Das bringt Kreativität hervor: Wir haben zum Beispiel das Auto von innen und außen bemalt und im Hier und Jetzt gelebt. Ich würde es sofort wieder machen und wäre auch noch gerne weiter bis nach Australien gefahren.

Gab es in der Zeit auch mal Streit?

Nur ein einziges Mal - in Österreich. Als mein Sohn mich zwang, meinen Koffer zu halbieren und in seinen zu transferieren (lacht)! Eine große Herausforderung! Aber was ich auch gelernt habe: Man braucht fast nichts – kein Make-Up, keinen riesen Kleiderschrank und ein Paar Schuhe reichen auch.

Ich kann mir vorstellen, diese Reise steht im krassen Gegensatz zu Mailand. Was hat Sie dorthin verschlagen?

Leben ist für mich Abenteuer. Als ich mich von meinem zweiten Mann getrennt habe, hatte ich den Traum mit meiner Tochter, sowie meiner kleinen Schwester, samt Familie, in einer Sommerresidenz in Altaussee im Salzkammergut zu leben. Das war unendlich schön dort. Alles sehr ursprünglich. Es gab keine Zentralheizung, nur Kachelöfen. Morgens, im tiefsten Winter, bei minus 20 Grad, bin ich aufgestanden, um den Ofen anzufeuern, die Eiskristalle glitzerten an meinen Fensterscheiben. Allerdings war meine Tochter in der Schule sehr unglücklich, genauso wie die Kinder meiner Schwester, die aus London in die Dorfschule kamen. Auch meine Tochter war die internationale Schule in der Schweiz gewohnt. Das passte nicht. Schweren Herzens habe ich ihren größten Wunsch erfüllt und sie zurück in die Schweiz gebracht. Für mich folgte dann der Entschluss nach Mailand zu gehen. Hier gibt es beste Infrastruktur mit drei Flughäfen, ich bin in kurzer Zeit bei ihr und habe viele Freunde in der Stadt.

Was begeistert Sie an der Stadt?

Mailand ist eine sehr progressive Stadt. In der Generation der 25 bis 40-Jährigen schlummert unheimlich viel Kreativität, Power und Energie – nicht nur im Bereich Fashion, auch bei Möbeldesign, Restaurants und in Sachen Lebensfreude. Ich habe dort eine entzückende kleine Wohnung und die Menschen kennen mich. Das ist immer, wie nach Hause kommen. Wenn ich mal down bin, dann gehe ich hier einfach raus, unterhalte mich mit den Leuten und es geht mir sofort besser.

Welche neuen Projekte haben Sie in der Planung?

Ich habe ungefähr zehn neue Ideen am Tag im Kopf, konzentriere mich gerade aber weiter auf Bulgari und Reviderm. Die Kosmetikmarke gibt es seit 30 Jahren, ich bin seit 1,5 Jahren Testimonial. Im Oktober 2018 haben wir Reviderm nun in Italien gelauncht. Schon vor meiner Arbeit als Markenbotschafterin war ich Kundin. Reviderm hat meine Haut in Stress-Situationen gerettet. Als größtes Organ des Menschen ist die Haut ein Spiegel der Seele. Reviderm kommt aus dem medizinischen Bereich, die Kosmetik rundet ab. Außerdem starte ich gerade mit dem Oldtimer-Spezialisten Hans Kleissl aus Polling eine Serie für das Online-Magazin Collectors Car World, die von Kay Hafner produziert wird: In Kleissls Mercedes-Oldtimer, einem Rubirosa SL 300 aus dem Jahr 1955, reisen wir die Stationen meines Lebens ab. Es geht nach Hamburg, Mailand, Südfrankreich und auch zum Hockenheimring, wo ich quasi großgeworden bin. 

Sie sind Aristokratin. Gibt es einen Royal oder Adeligen, den Sie bewundern?

Natürlich gibt’s Menschen, die ich bewundere - aber in allen sozialen Sparten! Ich schätze Prince Charles zum Beispiel, mit seinem Engagement für die Natur, das anfangs nur belächelt wurde: Trotz aller Kritik an seiner Person, konzentriert er sich seit Jahren auf etwas, was ein Teil von uns ist. Leider realisieren wir das erst viel zu spät. Ein anderer Mann, den ich sehr bewundere, ist Karl-Theodor zu Guttenberg. Ich kenne ihn schon seit Schulzeiten und habe ihn als sehr wertorientierten Menschen kennen gelernt. Seine Frau und er versuchen wirklich zu verändern und nehmen dafür vieles in Kauf! Solche Menschen bewundere ich.

Sie sind häufig auf roten Teppichen, Events, Hochzeiten und Society-Get-Togethers. Was war die schönste Veranstaltung?

Eine sehr schwierige Frage, da ich in der Hinsicht extrem verwöhnt bin. Ich gehe in solche Events immer mit einer großen Dankbarkeit und stelle mir vor, wer hier was leisten musste. Egal, ob Bambi in Berlin oder amfAR in Cannes - es sind doch immer die Leute dahinter, die mir die Gelegenheit geben, das zu erleben. Mit Bulgari habe ich großes Glück. Deren High-Jewelry-Events kann man nicht besser organisieren. Von Anfang bis Ende stimmt da alles - und man hat das stete Gefühl, etwas ganz Besonderes zu sein. Von Gruner + Jahr wurde ich kürzlich zum Excellence Club in den Stanglwirt eingeladen. Die 30 einflussreichsten Frauen Deutschlands sollten hier zusammentreffen. Ich war zutiefst berührt, dabei sein zu dürfen und auf dem Event hat einfach alles gepasst. Der rote Faden war Empathie, was können wir gemeinsam tun! Ich finde: Man kann den besten Rahmen, den tollsten Blumenschmuck und besten Koch haben, wenn kein Herz darin steckt, hat das Event keine Signifikanz.

Was bedeutet für Sie Lifestyle?

Etwas sehr Individuelles: Ich entscheide mich für einen bestimmten Lifestyle und habe zu jeder Zeit, die Möglichkeit, diesen zu ändern. My lifestyle = my choice. Wenn ich eben nur zwei Tage in einem Bett schlafe, dann ist das auch meine Entscheidung, weil ich zu viel auf einmal anfange.

In welchem Bett wachen Sie am liebsten auf?

Leider viel zu selten in meiner Wohnung in Mailand. Ich möchte mir einen großen Traum erfüllen: Eine Matratze. Ich habe schon viele Recherchen in den schönsten Häusern der Welt gemacht - im Soho House Berlin schlafe ich am allerbesten. Und genau diese Matratze, inklusive Kopfkissen und Decke leiste ich mir. Aber auch das Zirbenkernkissen aus dem Stanglwirt ist sehr zu empfehlen.

Hotels bewerten Sie also auch nach Kissen und Matratzen?

…und nach dem menschlichen Zugang. Wenn die emotionale Wärme fehlt, ist man einsam im Hotel - ganz besonders, wenn man Kinder hat.

Wenn man so viel unterwegs ist wie Sie, ist man dann oft einsam?

Ein österreichisches Sprichwort besagt: Wenn Du der Einsamkeit begegnest, dann nutze sie, um mit ihr Freundschaft zu schließen. Bei meinen vielen Bergtouren habe ich festgestellt, dass ich die beste Freundin für mich selbst bin. Wenn ich abends allein im Hotel bin, dann schaue ich mir Fotos von meiner Familie an und freue mich, dass wir alle gesund sind und so viel Lebensfreude ausstrahlen. Dann denke ich oft: Du hast so ein Glück!

Themawechsel zur Kulinarik: In welchem Restaurant würden Sie eine Henkersmahlzeit einnehmen?

Momentan wäre das in Mailand das Restaurant „Paper Moon Giardino“. Das Naturschnitzel mit Senfkruste und Spinat - ein Gedicht! Oder „Da Paolino“ auf Capri: Einfach, weil es dort so schön ist, unter den Zitronenbäumen. Auch das „Café Puschkin“ in Moskau zählt zu meinen Empfehlungen oder das „Soho House“ in L.A. mit tollem Ambiente. In Venedig begeistert mich das „Do Forni“ immer wieder: Hier fühlt man sich wie im Orient Express. Und den besten Tafelspitz gibt es definitiv im „Plachutta“ in Wien.

Ihre persönlichen Reise-Hotspots?

Österreich! Kitzbühel, der Attersee, das Salzkammergut - hier komme ich zu mir und schöpfe Kraft. Einen besonders schönen Sommer hatte ich gerade in Griechenland. Ich liebe den Lifestyle, von Insel zu Insel zu springen, dieses Jahr sogar mit Wasserskiern, statt dem Wassertaxi. Je weniger Red Carpet - umso glücklicher bin ich im Urlaub. Wobei es schon eine Challenge ist, nur einen kleinen Rucksack zu packen. Doch danach fühle ich mich befreit.

Bei all den Reisen, die Sie unternommen haben: Gibt es noch Ziele, die sie unbedingt sehen möchten?

Es gibt sogar ganz viele Länder, die ich gerne nochmal besuchen möchte. Italien kenne ich zum Beispiel ziemlich gut, aber ich war noch nie auf Sizilien. Südamerika steht auch auf meiner Liste, Marokko, mit dem Rucksack durch Indien, der Himalaya - ich habe noch viel vor. Durch das Reisen sieht man Dinge in neuen Perspektiven.

Ein wunderbares Schlusswort für dieses interessante Gespräch. Herzlichen Dank, liebe Prinzessin Lilly und weiterhin alles Gute und viel Erfolg!

 

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