Tatjana und Rudolf Gallist - Lifestyle-Insider.com

Tatjana und Rudolf Gallist

INTERVIEW

Das Ehepaar gründete 2003 die Capricorn Foundation, die sich für die Kinder und die Natur Afrikas einsetzt. Uns erzählen sie von der wichtigen Arbeit ihrer Stiftung, ihren zahlreichen Projekten und wie man diese unterstützen kann.

15. Dezember 2017

Liebe Frau Gallist, Sie sind Gründerin und Vorsitzende der Capricorn Foundation und haben eine wirklich interessante Vita: Durch Ihren Vater, der bei der Weltbank beschäftigt war, sind Sie in Pakistan, St. Lucia, Tortola, Tansania, auf den Seychellen und in Kenia aufgewachsen. Später haben Sie in Österreich Betriebswirtschaftslehre studiert und bei Ernest & Young als Steuerberaterin und Wirtschaftsprüferin gearbeitet. Ihr Mann brachte Sie zurück nach Deutschland und dabei hat ein Range Rover einen nicht unmaßgeblichen Anteil gespielt?

TG: In der Tat. Autos sind in Afrika immens wichtig und der Mittelpunkt aller Aktivitäten. Man ist quasi mit seinem Auto verbunden. Nach so langer Zeit im Ausland war es für mich nicht einfach hier in Europa und das Auto war das Bindeglied zu meiner Vergangenheit. Mein damaliger Chef und inzwischen mein Mann, fuhr dieses Auto und seine Liebe, das Interesse am Reisen und an Afrika hat uns schnell verbunden.

Kam der Range Rover jemals in Afrika zum Einsatz?

TG: Der zweite kam nach Afrika. Von hier ging es über Frankreich nach Marokko und wieder zurück. Die meisten Reisen, die wir anfangs unternommen haben, gingen ins südliche Afrika. Ich konnte nicht nach Ostafrika zurück. Kenia hat sich in den 90er Jahren sehr verändert und ich wollte diese heile Welt, die ich im Kopf hatte, nicht zerstört wissen, durch negative Entwicklungen. Namibia war das erste Land, das wir gemeinsam bereist haben. In einem alten Golf, weil kein anderes Auto zur Verfügung war. Ohne 4WD und mit unserem Gepäck in Müllsäcken, fuhren wir das ganze Land ab. Gerade durch dieses Auto, das so völlig inadäquat war für unsere Reise, haben wir uns richtig amüsiert und tolle Gegenden entdeckt. Von Namibia ging es weiter nach Kapstadt. Dort haben wir das erste Mal richtig erlebt, wie Südafrika nach der Wende, nach dem Apartheitsregime, aufmachen durfte und die ersten Berührungen mit den Touristen hatte. Das war sehr anders, als das, was ich aus Ostafrika kannte. Dort waren die Menschen offen, fröhlich und freundlich. In Namibia und Südafrika trafen wir auf extrem verunsicherte und unterdrückte Leute. Das hat sich erst im Laufe der Jahre verbessert. 2003 ging es für uns das erste Mal nach Botswana - ein sehr sicheres Land, in dem man vom absoluten Luxus bis zur primitiven Hütte mit Zelt auf dem Dach alles haben kann. Allerdings nicht ganz günstig - Botswana ist eines der teuersten Länder in Afrika.

Und landschaftlich?

TG: Unheimlich interessant. Das Okavango-Delta etwa. Dort ändern sich die Landschaften nach Jahreszeit. Wenn das Wasser fließt, ist es ein Sumpf-Seen-Gebiet, in dem man nur mit Einbäumen durch die Gegend fährt. Es gibt nur Natur. Und dann sind da auch ganz andere Gegenden, wie die Kalahari: Eine reine Wüsten- oder Steppenlandschaft. Oder im Norden am großen Sambesifluss - da ist es wieder ganz anders. Ich kann Botswana wirklich nur empfehlen.

RG: Botswana ist so groß wie Frankreich - und hat in etwa so viele Einwohner wie München. Alles ist angenehm menschenleer. Ähnlich wie in Namibia, Sambia und in Teilen Südafrikas. Man kann wirklich mal einen Tag oder länger fahren und trifft niemanden -  sehr spannend, aber auch eine Herausforderung. Da gibt es dann wirklich nichts, auch nicht, wenn mans braucht! Man muss sich vorher schon richtig organisiert haben. Auch der Verkehr ist nicht ohne: Man muss sehr defensiv und überlegt fahren.

Wie viele Länder in Afrika haben Sie mittlerweile bereist?

RG: Eigentlich alles was im Süden und im Osten liegt. Äthiopien, Uganda und Ruanda stehen noch auf dem Plan.

TG: Wir haben 2016 unsere längste Reise gemacht über 6.000 km durch vier Länder -  nicht mehr mit dem Range Rover sondern mit einem Toyota Landcruiser. Den haben wir hier umbauen lassen und nach Südafrika verschifft. 2015 ging es von Südafrika nach Sambia und das mit Kind. Unser Junior ist immer mit dabei. Wir haben das Auto bis zu den Viktoriafällen gefahren und es dort stehen gelassen. In 2016 sind wir wieder eingestiegen und weitergefahren - bis nach Nairobi in Kenia.

Sie haben das Auto dort stehen gelassen?

TG: Ja, es bleibt immer in Afrika. Wir fliegen dann jedes Jahr in das Land, wo das Auto steht und machen die nächste Reise.

RG: Nach unserer großen Reise in Botswana haben wir 2003 unsere Stiftung gegründet, um den Aids-Waisen unter die Arme zu greifen. Wir haben damals angefangen, unsere Reiserei nicht nur als reinen Spaß zu sehen, sondern auch tiefer einzusteigen um mehr zu erfahren, was diese Länder und Menschen auszeichnet. Nicht nur die Landschaften und Tiere spielen eine Rolle – ich habe das Bedürfnis, auch noch etwas anderes zu sehen, als das Touristenprogramm hergibt. Ich möchte das Gefühl haben, ein Teil von etwas zu sein. Deshalb schauen wir uns jedes Mal, wenn wir unterwegs sind, Projekte vor Ort an. Auch wenn wir sie nicht unterstützen, sondern um zu lernen. Was machen andere anders, vielleicht besser? Was sind die Bedürfnisse? Was sind die Nöte? Was beschäftigt die Menschen vor Ort?

Was hat Sie dazu gebracht, eine eigene Stiftung zu gründen?

TG: Es war zum einen die Erkenntnis, dass die Aids-Problematik existiert und die gesamte arbeitende Bevölkerung wegstirbt. Es gab Landstriche in Botswana, wo keine Menschen zwischen 24 und 50 Jahren mehr lebten. Damals waren die medizinische Versorgung und auch das Know-how zum Thema noch nicht so weit entwickelt. Inzwischen kann man mit HIV überleben, wenn man regelmäßig Medikamente nimmt. Das war damals noch nicht der Fall. Man fand hauptsächlich kleine Kinder und die Alten, die auf sie aufpassten. Und diese vielen Waisen haben mich so beschäftigt, dass ich etwas tun wollte. Mir war es ein Bedürfnis, etwas zurückzugeben, weil wir einfach eine schöne Zeit als Kinder dort hatten. Dann haben wir von der Möglichkeit erfahren, eine unselbstständige Stiftung zu gründen. Die ist steuerlich voll anerkannt, der finanzielle Block muss aber nicht in dem Maße vorhanden sein, wie das bei einer großen, selbstständigen Stiftung der Fall ist: Wir haben mit 5.000 € Kapital gegründet und waren verpflichtet, jedes Jahr 5.000 € in den Betrieb der Stiftung zu stecken.

RG: Ich habe damals aufgehört bei Microsoft zu arbeiten und mir war klar, dass es das nicht gewesen sein konnte. Wir wollten etwas Gutes tun, weil es uns gut geht. Wir wollten aber auch sicherstellen, dass die Unterstützung ankommt und da ist die Idee entstanden, etwas Eigenes zu machen. Unsere Stiftung wird betreut im Haus des Stiftens an der Donnersberger Brücke in München. Dort werden über 1.500 Stiftungen verwaltet - alles Menschen mit ähnlichen Gedanken, von denen kaum einer etwas weiß, die großartige Sachen machen.

Wenn man sich erkundigen möchte, wie man eine Stiftung gründet und aufbaut, dann wäre das wohl ein idealer Standort dafür?

TG: Ja! Es gibt im Haus des Stiftens eine Rechtsabteilung, die ausschließlich für die Beratung und Gründung von Stiftungen zur Verfügung steht. Da kann man sich jederzeit hinwenden.

Die Gründungsmöglichkeiten verändern und erweitern sich. Früher gab es zum Beispiel keine Verbrauchsstiftung. Da musste man sein Geld anlegen: für immer. Und diese Stiftung lebte dann auch für immer. Heute kann man sagen, ich gebe mein Geld in eine Stiftung und wenn das Geld verbraucht ist, löst sich die Stiftung auf.

Welche Projekte haben sich aus Ihrer Arbeit über all die Jahre ergeben und in welchen Ländern?

TG: Wir haben 2003 in Botswana angefangen mit zwei Projekten: Das eine ist ein Straßenkinderprojekt in Maun - Bana ba Letsatsi -  dass wir bis heute unterstützen. Das andere war ein großes Tageskinderprojekt, das leider inzwischen von der Regierung geschlossen wurde. Wir haben dann in Mosambik einen Kindergarten mitaufgebaut. Anschließend bauten wir in Mosambik ein Mädchenwaisenhaus für ältere Mädchen, damit sie alleine leben und lernen konnten. Das ist ebenso abgeschlossen. In einem Township vor Kapstadt unterstützen wir ein sehr großes Projekt: Baphumelele. Für sie sind wir hier in Deutschland quasi die Vertretung, oder die Sammelstelle. Jeder, der spendet, bekommt von uns eine Steuerbescheinigung und das gesamte Geld kommt dem Projekt vor Ort zugute. 2009 haben wir dann unsere Stiftung um das Thema Naturschutz erweitert. Denn mit Natur wird in Afrika nicht besonders löblich umgegangen. Das liegt an der zweiten Kolonialisierungswelle und den Chinesen, die in Afrika Raubbau betreiben. Wir versuchen daher, Kinder, Bildung und Naturschutz zu vereinen. Denn dies wird die Zukunft der jungen Generation sichern. Seither haben wir auch in Kenia zwei neue Partnerschaften und Projekte, die wir mit unterstützen. Es geht darum, Bildung in ländlichen, aber sehr artenreichen Regionen voranzutreiben. Wir bilden zu Rangern oder zu Ökonomen aus, die sich im Ecological Management auskennen. Durch meine Tätigkeit als Steuerberaterin und Wirtschaftsprüferin habe ich das nötige betriebswirtschaftliche Know-How und kann Projekte und Verantwortliche vor Ort gut einschätzen und kontrollieren. Ich suche ausschließlich Projekte, die Sinn machen und die ein vernünftiges Management haben. Ich stehe in engem Kontakt mit den Leuten vor Ort und lasse mir genau zeigen, was mit dem Geld passiert. Es muss alles Hand und Fuß haben, sonst fangen wir bei einem Projekt gar nicht erst an. Bis dato haben wir nur gute Erfahrungen gemacht.

Seit gut zwei Jahren dreht sich Deutschland um Migration und Flüchtlinge. Wie sehen Sie das Thema mit Afrika-Hintergrund? Verstehen Sie die Menschen?

TG: Ja. Denn wenn man in Afrika die Bildungssituation betrachtet, dann weiß man, was auf uns zukommt. Ein Professor aus St. Gallen hat erst kürzlich prognostiziert, dass wir bis 2100 3,5 Milliarden arbeitssuchende Afrikaner zählen. Aber Afrika hat keine nennenswerte verarbeitende Industrie und schon gar keine, die Milliarden eine Arbeitsstelle geben kann. Und es ist ganz natürlich, dass jeder Mensch versucht, Arbeit zu finden. Wir würden auch auswandern, wenn wir hier keine Jobs hätten. Daher müssen wir verstehen, was vor Ort läuft und Druck aufbauen, mehr Arbeitsplätze und mehr Industrie zu schaffen. Das gilt natürlich auch für uns Europäer. Wir können nicht unsere Arbeitsplätze nach China verlagern. Ab 2050 wird das Bevölkerungswachstum in Asien nach unten gehen. In Afrika bleibt es aber so stark, wie es jetzt der Fall ist. Und der Zukunftsmarkt wird Afrika sein. Deswegen muss die Produktion da auch hingehen.

Wie kann man Ihrer Meinung nach wirklich und effektiv helfen?

RG: Man muss die Bildung anschieben, Arbeitsplätze schaffen und vor allem müssen wir lernen, die afrikanische Gesellschaft zu verstehen. Die ist von der Struktur her vergleichbar mit Europa im 18. Jahrhundert. Dort gibt es keine Sozialversicherung, die Solidargemeinschaft ist die Familie. Das heißt, wer Arbeit hat, versorgt die gesamte Familie. Das ist die Ursolidarität, die uns Menschen auszeichnet. Aber sie behindert auch Entwicklung. Denn die jungen Leute tragen finanziell die gesamte Verantwortung für die Familie, speziell für die Älteren. Sie können nichts von dem, was sie verdienen, in ihre eigene Bildung investieren. Das verhindert, dass die Menschen vorankommen. Wir sehen das immer wieder vor Ort:  Diejenigen, die aus dieser Struktur ausbrechen, werden von ihren Familien verstoßen. Deswegen gibt es auch so viele Kinder in Afrika – sie sichern die Versorgung der Eltern bis zu deren Lebensende. Afrika braucht ein Sozialsystem, das den jungen Leuten eine Zukunft geben kann. Natürlich kommen wir auch da wieder an den Punkt, dass wir eine Industrialisierung brauchen, Arbeitsplätze und politische Rahmenbedingungen, die das alles ermöglichen. Aber ohne das Verständnis der afrikanischen Gesellschaft geht es nicht.

Wo sehen Sie die Verantwortung? Mehr auf politischer oder auf wirtschaftlicher Ebene?

TG: Beides. Die Politiker müssen der Wirtschaft die Thematik erklären und darauf hinarbeiten, dass eine Lösung gefunden wird, die für alle passt. Es kann nicht sein, dass die Wirtschaft gezwungen wird und anschließend das Nachsehen hat, weil die Qualität nicht funktioniert. Dazu muss aber vor Ort erst mal eine vernünftige Governance geschaffen werden. Unsere Politiker müssen den Druck auf die politischen Systeme vor Ort erhöhen, um dann das Wirtschaftliche aufbauen zu können. Die Chinesen, die ihre Arbeitsplätze nach Afrika auslagern, müssen auch mit ins Boot. China hat in Afrika eine riesen Verantwortung zu tragen. Und bis dato läuft die nur zu Gunsten der chinesischen Wirtschaft. Und das kann auf Dauer nicht gutgehen.

Gibt es Länder, die besonders stark von der Problematik betroffen sind?

TG: Das größte Problem liegt in Nigeria. Deshalb haben wir auch momentan sehr viele Nigerianer, die über das Mittelmeer hierher wollen. Nigeria ist das Land mit der höchsten Wachstumsrate in Afrika. Nach Nigeria kommen der Kongo, Äthiopien und Ägypten. Das sind die vier populationsintensivsten Länder in Afrika.

RG: Das sind nur die Tops. Betrachtet man zum Beispiel Länder wie Kenia oder Tansania - die verdoppeln sich innerhalb der nächsten 20 Jahre. Ich kann die aktuelle Situation nicht akzeptieren. Afrika ist einer unserer nächsten Nachbarn. Wir sehen das Elend da unten, wir sehen, wie die Leute verzweifelt versuchen, übers Mittelmeer zu kommen und es gibt da für mich überhaupt keine Frage, dass man diesen Leuten hilft. Und das sag ich nicht nur, weil ich im Aufsichtsrat von Ärzte ohne Grenzen in Deutschland bin. Aber das ist einfach eine humanitäre Angelegenheit. Ich verstehe nicht, warum die Europäer nicht begreifen, dass Afrika der Zukunftsmarkt ist - allein schon aufgrund der Anzahl an Menschen, die da leben. Man ist nach Indien gegangen, man ist nach China gegangen und es hieß immer nur „1,3 Milliarden Menschen, 1,3 Milliarden Konsumenten, 1,3...1,3“. Warum begreift man nicht Afrika genauso? Noch dazu, wo wir in der gleichen Zeitzone leben. Stellen Sie sich mal vor, die afrikanischen Ressourcen verbunden mit europäischem Know-How in einer einzigen Zeitzone. Mein Gott, wer will denn das toppen? Man hat natürlich diese Schwierigkeit mit der Kolonialzeit und den Vorbehalten, die man gegenseitig hat. Aber auch solche Dinge muss man unter einem anderen Blickwinkel sehen, über Hürden springen und einen neuen, fairen Anfang miteinander machen.

Thema Ärzte ohne Grenzen: Wie steht man dort zur Flüchtlingspolitik der EU?

RG: Ärzte ohne Grenzen lehnt die Flüchtlingspolitik Europas eher ab und ist der Meinung, dass mehr eine Abschottung, als eine Integrationssituation geschaffen wird. Da ist man sich mit der EU nicht einig und Ärzte ohne Grenzen nimmt seit einiger Zeit auch kein Geld mehr von der EU. Unabhängig davon kommen 97 Prozent des weltweiten Spendenaufkommens von Ärzte ohne Grenzen von Privatpersonen. Und auch hier weiß man, dass die Gelder ankommen. Das ist wirklich toll. Mehr als 95 Prozent der Spenden fließen direkt in die Projekte.

Herr Gallist, Sie waren 10 Jahre in der Geschäftsleitung von Microsoft tätig. Sprechen Sie mit Unternehmern, um eine Sensibilisierung herbeizuführen?

RG: Sie können keine Investoren nach Afrika bringen, solange die Umgebungsfaktoren nicht stimmen. Also Rechtssicherheit, die Korruptionssituation und dergleichen mehr. Gerade darum spielen ja sowohl die Politiker als auch die Wirtschaftschefs eine Rolle. Und es gibt Möglichkeiten: Hermesbürgschaften zum Beispiel. Aber natürlich bleibt die Korruption das größte Problem. Über die junge Bevölkerung in Afrika bekommt man die eines Tages in den Griff. Da gibt es weiß Gott viele, die – ähnlich wie in Simbabwe jetzt – sagen, „jetzt reicht‘s aber“. Die Korruption ist ein riesen Problem, daher müssen wir versuchen, Wege zu finden, diese Regimes abzulösen. Und die jungen Menschen sind dafür das größte Potential, ganz speziell die Waisenkinder.

Warum?

RG: Waisenkinder sind ein sehr trauriges Thema, aber dennoch steckt in diesen Kindern ein riesen Potential. Sie sind die besten in der Schule und ergreifen wirklich die Bildungschance, um ihre Situation zu verbessern. Und sie haben keine Familie. So schlimm sich das anhören mag, in der afrikanischen Gesellschaft ist es tatsächlich ein Vorteil. Diese Kinder können frei nach vorne gehen. Deswegen sind diese unglaublich vielen Waisenkinder vielleicht am Ende des Tages in Afrika eine Lösung.

Wie groß ist Ihre Foundation und wohin bewegen Sie sich?

TG: Im Sinne von finanziellen Mitteln sind wir relativ klein. Da ich alles selber mache, haben wir keine Personalkosten und können das gesamte Geld, was gespendet und gesammelt wird, direkt den Projekten zugutekommen lassen. Wir haben einen Administrationsaufwand von nur drei Prozent und der ist bedingt durch die Verwaltung im Haus des Stiftens. Die großen Organisationen haben natürlich administrativen Aufwand, das ist ganz normal. Unsere Jahreseinnahmen liegen momentan zwischen 15.000 und 50.000 €, das kommt immer sehr drauf an, was benötigt wird. Wir richten unseren Bedarf nach dem Projekt aus und steuern auch als Privatpersonen entsprechend unserer Ziele etwas bei. Ich unterstütze nur Projekte, die Sinn machen, langfristig und nachhaltig sind. Dann gibt es noch das Thema Teaming Up mit anderen Stiftungen und das Networking. Gemeinsam haben wir einige unserer Projekte noch weiter vorantreiben können. Ich finde es wahnsinnig wichtig, zusammen zu arbeiten, Synergien zu nutzen, Menschen zusammenzubringen um voneinander zu profitieren. Nur gemeinsam sind wir stark!

Man kann Sie und Ihre Arbeit also am besten mit Spenden unterstützen. Schon relativ kleine Beträge können dazu beitragen, Ihre Projekte zu begünstigen und einen Beitrag dazu leisten, Dinge vor Ort zu verbessern. Sehen Sie es ein Stück weit als soziale Verantwortung, dass man hilft und etwas „zurückgibt“?

TG: Für uns ist das eine Selbstverständlichkeit. Uns geht es hier in Europa extrem gut. Und ich empfinde es einfach als verpflichtend, dass jeder seinen Beitrag leistet, dass es anderen auch ein bisschen besser geht. In Amerika wird das sehr stark gelebt, hier in Deutschland müssen wir noch viel mehr machen und unsere Sozialverantwortung leben. Ich freue mich nicht nur über jede Spende, ich freue mich auch über Arbeitsunterstützung. Ich mache ja alles allein im Rahmen meiner zeitlichen Möglichkeiten. Und es gibt einfach Dinge, zu denen komme ich nicht: Zum Beispiel den Bereich IT, Webhosting, Social Media und so weiter. Also wenn da jemand Lust hat – jederzeit gerne.

Es geht Ihnen also nicht nur um monetäre Spenden?

TG: Nein - ich wäre auch sehr dankbar, wenn jemand seine Zeit spenden will und sagen würde, er hilft mir. Das muss langfristig sein, damit sich der Einarbeitungsprozess rentiert. Aber ich bin sehr dankbar für jede Unterstützung.

Man kann sich dann direkt mit Ihnen in Verbindung setzen, wenn man aktiv werden möchte? Und es gibt ja sicher auch immer wieder Updates zu den Projekten auf der Website?

TG: Ja natürlich. Ich bin für alles offen. Wir haben alle die Möglichkeiten, etwas zu tun. Projekt-Updates gibt es auf der Website, allerdings nur einmal im Jahr. Es sei denn, ich finde jemanden, der mir dabei hilft, es öfters zu machen.

RG: Auch eine ganz konkrete Projektunterstützung durch Firmen oder auch Privatpersonen ist möglich. Manchmal gibt es ja jemanden, der sich über ein ganz konkretes Projekt interessiert und das unterstützen will. Wir hatten zum Beispiel bei dem Waisenhaus in Mosambik die schwäbische Textilfirma Dorothee Schumacher, die das Waisenhaus mit Küche, Schlafräumen und so weiter ausstatten wollte. Wir haben ihnen einen Kostenvoranschlag besorgt von einer Firma vor Ort und kontrolliert, dass auch alles so umgesetzt und ausgeführt wird.

TG: Dann gab es noch die Firma CWS, ein Sanitätsausstatter. Die haben in diesem Mädchen-Waisenhaus die Toilettenanlagen und die Bäder gebaut.

RG: Man kann also durchaus ganz konkret sagen, ich möchte jetzt helfen, aber ich möchte ganz genau wissen, wem und wobei ich helfe. Und sei es, dass jemand sagt, ich möchte für fünf Mädels oder Buben die Schulgebühren zahlen für die nächsten fünf Jahre. Man kann sie auch besuchen, die freuen sich. Und ich glaube, nur was man gesehen und verstanden hat, kann man auch schützen. Wie mit der Natur eben auch. Wer die ganze Zeit in Schwabing in der Wohnung sitzt, hat kein Bedürfnis, zum Beispiel die Meere zu schützen. Wie auch? Aber wenn ich in den Korb voller Muscheln reinschaue und erinnere mich genau, wo wir die damals gefunden haben, dann weiß ich wieder: macht Sinn!

Es ist immer die Emotion, die man damit verbindet?

TG: Wir haben zum Beispiel eine Familie in Kenia, da ist der Vater auf dem Heimweg von der Arbeit von einem Elefanten zu Tode getrampelt worden und hat eine Frau mit sechs Kindern zurückgelassen. Wir unterstützen sie seitdem, schicken die Kinder in die Schule und besuchen sie. Und Sie glauben nicht, was das für Emotionen sind, die da zum Vorschein kommen. Sie sind so dankbar. Ich habe jetzt gerade wieder die Briefe für Weihnachten bekommen und das ist einfach toll. Kein Paar Schuhe kann Ihnen diese Freude bringen, diese unendliche Dankbarkeit, die Sie vor Ort erleben.

RG: Man bekommt einfach sehr viel zurück. Es gibt einen Spruch der sehr wahr ist wenn man es mal selbst erlebt hat - „Nur Glück vermehrt sich, wenn man es teilt“.

Eine tolle Sache! Man kann Sie zu diesem Projekt nur beglückwünschen, auch wenn viel Arbeit dahinter steckt. Was ist nächstes Jahr geplant an Reisen nach Afrika?

TG: Kenia und Tansania stehen auf dem Plan. Wir wollen die Familie in Kenia besuchen und die Schüler, die wir dort unterstützen. Wir haben momentan 40 Schüler, die wir zur Schule schicken. Im Jahr drauf wollen wir nach Uganda, da es ein faszinierendes Land ist, das sehr viel tut für die Flüchtlinge. Uganda hat die größte Anzahl an Flüchtlingen aus dem Süd-Sudan aufgenommen und ihnen richtig Land geschenkt. Das wollen wir uns mal ansehen.

Bei der vielen tollen Arbeit, die Sie leisten: Wo entspannen Sie beide, wenn Sie mal zur Ruhe kommen möchten?

TG: In Italien. Wir haben ein kleines Häuschen in Ligurien. Das ist unser zweites Zuhause. Aber auch dort sind wir nicht ganz untätig, sondern stellen unser eigenes Olivenöl her. Wir haben mal Freunden gezeigt, wie unterschiedlich Öl in Italien doch sein kann: von sehr herb bis sehr weich, von geschmacksintensiv zu kaum Geschmack. Und alle waren der Meinung, unseres war das beste Olivenöl, das sie je probiert haben. Im November hatten wie gerade wieder Olivenernte. Hier toben wir uns aus, entspannen und genießen.

Könnten Sie vielleicht zum Abschluss drei Lodges in Afrika empfehlen?

TG: Es gibt unglaublich viele schöne Unterkünfte, aber um mal drei zu nennen: In Kenia die Ol Donyo Lodge in der Nähe vom Amboseli. Die liegt in den Chyulu-Bergen mit einem wunderbaren Blick auf den Kilimandscharo. Eine wunderbare, sehr luxuriöse Lodge, nicht ganz günstig, aber sehr, sehr schön. In Namibia das Skeleton Coast Camp, ein wunderbares Camp von Wilderness Safaris und dann, auch in Namibia, das Serra Cafema Camp von Wilderness. Ein Traum. Vor allem die Gegend. Das ist eine Landschaft aus Gondwanaland, reine Wüste mit wahnsinniger Natur und das Camp liegt an einem Grenzfluss zwischen Namibia und Angola. Man kann dort die Himbas besuchen, einen Stamm, der noch sehr archaisch und traditionsverbunden lebt. In Tarangire (Tansania) waren wir in einer Lodge, dem Maweninga Camp. Das ist dann nicht ganz so luxuriös, aber auch sehr originell und wunderschön gelegen.

RG: Ich würde gerne zum Abschluss noch etwas dazu sagen, wie man auf solche Dinge kommt, wie wir sie tun. Ich habe einst den Gründer des Haus des Stiftens, Alexander Brochier gefragt, wie er denn auf die Idee gekommen ist, eine Stiftung zu ins Leben zu rufen, deren Zweck es ist, Leute darin zu motivieren, Stiftungen zu gründen. Er hat von seinem Professor erzählt, der die Schüler aufgefordert hätte, ihre eigene Grabrede zu schreiben. Dann haben die von guten Noten, erfolgreichen Berufen und viel Geld geschrieben, aber schnell festgestellt, dass das niemanden interessieren würde. Das einzige, was die Leute interessiert, ist das, was man für andere gemacht hat im Leben. Also: Wer ein gewisses Interesse hat, keine langweilige Grabrede zu haben, der gründet am besten eine Stiftung oder tut woanders Gutes und bringt sich ein Es ist eigentlich ganz einfach - man muss nur damit anfangen.

Ein besseres Abschlusswort gibt es nicht. Vielen herzlichen Dank für die interessanten Einblicke, die Sie uns hier gewährt haben, zu einem sehr vielfältigen Thema. Weiterhin viel Erfolg mit Ihren Aktivitäten und viele neue Menschen, die Sie in diesem Schaffen begleiten.

 

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