Marie Gräfin von Waldburg - Lifestyle-Insider.com

Marie Gräfin von Waldburg

INTERVIEW

Als Deutschlands Grande Dame der High Society schrieb sie 40 Jahre lang über Aufstieg und Fall, Geheimnisse und Enthüllungen, Hochzeiten und Trennungen der Regenten, Filmdiven und Milliardäre. Marie Waldburg war und ist auf den wichtigsten, gesellschaftlichen Events der Welt und wurde dadurch selbst prominent! Uns erzählt sie von ihrem glamourösen Alltag.

27. Oktober 2017

Liebe Gräfin, 40 Jahre lang haben Sie die deutsche und internationale Prominenz begleitet, über ihre Hochzeiten, Trennungen und Events in Zeitungen und Magazinen berichtet. Wie wird man als adelige Tochter eines Kunsthistorikers zur Society-Reporterin?

Ich wollte unbedingt Journalistin werden. Zunächst habe ich Kommunikationswissenschaften und Germanistik studiert und ein Dolmetscher-Examen in Französisch gemacht. 1974/76 besuchte ich dann die Deutsche Journalistenschule, es war wie ein Ritterschlag, da aufgenommen zu werden. Praktika bei Bild München und beim Südfunk in Stuttgart inklusive. Meine erste Station war gleich mein Objekt der Begierde: die Münchner Abendzeitung. Als Hospitantin durfte ich alles durchlaufen, Polizei- und Sportredaktion, Feuilleton et cetera. Ich war beseelt von diesem Beruf, auch wenn es teils mit den Arbeitszeiten recht hart war.

Wie ließ sich die natürliche Diskretion des Adels mit der Pressearbeit im Society-Bereich vereinbaren?

Gut. Es ist vielleicht mitunter von Vorteil, manche Sachen zu wissen und reifen zu lassen, wenn keine Konkurrenz droht. Im gegebenen Augenblick entwickelt man die Geschichte. Oft sind Kinder der Betroffenen noch so klein, dass man eine Trennung oder eine schwere Krankheit nicht thematisieren will. Diese Gradwanderung zwischen Diskretion und Enthüllung finde ich sehr wichtig. Heute posaunt jeder alles raus, was er weiß. Aber ich bin nach wie vor der Meinung: man muss dosieren können!

Inwieweit unterscheidet sich die Berichterstattung einer Gesellschaftsjournalistin vom „normalen“ Journalismus?

Ein Gesellschaftsjournalist muss Durchhaltevermögen und Freude an Menschen haben. Er sollte viel Humor haben und sich selbst nicht so ernst nehmen. Er darf auf keinen Fall gekauft wirken, sollte nie übertrieben loben. Heute regiert product placement. Es gibt offenbar weit weniger Privatfeste als Firmenevents. Da hat sich die Gesellschaft tatsächlich sehr geändert - und mit ihr die Berichterstattung. Als ich anfing, gab es noch Feste, wo kein anderer Journalist war. Solche Veranstaltungen waren journalistischer Sport - und Genugtuung. Heute wird der Teppich ausgerollt für eine neue Uhr, Ledertasche, Schuhe…

Es stehen heute also mehr die Firmen und Produkte bei einem Event im Vordergrund, die geladene Prominenz ist eher das Beiwerk?

Stars werden oft von Firmen bezahlt, dass sie überhaupt kommen. Dadurch verändert sich der Stil einer Zeitung. Bei Festen von Gloria etwa kam früher Brian Ferry aus dem Nebel und hat gesungen. Boris Becker und Mick Jagger waren da. Bei Partys von Arndt von Bohlen und Halbach oder Gunter Sachs kam man aus dem Staunen gar nicht mehr raus. Das Staunen darf nie verloren gehen, aber Überraschungsmomente gibt es heute in Deutschland kaum mehr. In Hollywood, London oder Paris schon eher.

Eine der großen Unterschiede: Heutzutage wird bei jedem Event eine Gästeliste mitgeschickt. Früher hat man sich überraschen lassen, was passiert.

Bei Privatfesten gab es so gut wie nie Gästelisten. Deshalb waren sie auch so besonders spannend und entfachten meinen Ehrgeiz. Wenn Ehrgeiz, Staunen und Vision fehlen, kann man den Job nicht machen. Wenn mir um elf Uhr nachts noch einer erzählt, welche Sorgen er hat und ich gähne und denke: "Gott, ist das fad“, kann ich nichts erreichen. Man muss sehr gut zuhören, warten - und auch feiern können.

Sie haben Familie, zwei Kinder und mittlerweile drei Enkelkinder. Wie hat sich das damals mit Beruf und Familie vereinbaren lassen?

Es wäre nicht gegangen, wenn mein Mann nicht oft gesagt hätte: "Ich mache das heute Abend". Er war schon sehr tolerant, denn oft haben die Termine viel länger als verabredet gedauert. Oft war es ein Seiltanz. Als die Kinder 14 und 17 waren, ging es besser und ich konnte das Angebot von BUNTE annehmen. Und heute sagen sie mir, dass sie meinen Beruf ganz großartig fanden und angeregt wurden.

Als Society-Reporterin steht man oft in der Schusslinie. Wie sind Sie damit umgegangen? Sie haben ja selbst irgendwann Prominenz erlangt…

Ich habe Glück gehabt, denn ich stand nie so richtig im Kreuz-Feuer. Mir sind keine Storys angedichtet worden - obwohl das sehr schnell geht bei Frauen. Noch so eine Ungerechtigkeit neben der ungleichen Bezahlung: Bei einem Mann würde man das nie sagen. Da würde man sagen: „A Hund is er scho…“

Michael Graeter war damals der Boulevardjournalist schlechthin und Ihr Vorgänger bei der BUNTEN und der Abendzeitung. Es heißt auch, Herr Graeter war immer First Class unterwegs. Sind diese Geschichten wahr?

Bei der BUNTEN hat er wirklich einen sehr guten Vertrag gehabt, den nach ihm keiner mehr bekam. Alles andere sind dumme und neidische Gerüchte. Patricia Riekel hat durch Vertrauen die Society wieder zurückgewonnen und auch sonst vieles verändert und das war gut so. First Class-Flüge oder der mir gern angedichtete Kleiderbonus - gab es weder noch für mich!

Sie haben sehr viele interessante Persönlichkeiten kennengelernt. Wer hat Sie am meisten beeindruckt?

Franz-Josef Strauß, so dynamisch und voller Interesse für Politik und Menschen. Sir Peter Ustinov - ein echter Freund. Wir haben uns geschrieben und er hat mir kleine Zeichnungen geschickt. Viele gute Freunde sind nicht mehr da - Bernd Eichinger, Gunter Sachs, Helmut Fischer, Barbara Rudnik, August Everding oder Helmut Dietl. Dietl war ein Meister des Jonglierens. Wenn er einen neuen Film hatte, dann servierte er gleich eine gute Geschichte dazu. Thomas Gottschalk oder Heino Ferch traf ich stets gern, weil beide einen wunderbaren Humor haben. Bei aller Nähe sollte man aber immer abwägen und vor allem nie arrogant werden. Privates und Berufliches sollten möglichst nicht vermischt werden.

Ist es nicht extrem schwierig, wenn man zusammen gefeiert hat, anschließend Distanz zu wahren?

Ob Freund oder fremd, man sollte immer objektiv bleiben. Natürlich muss man nachhaken: "Sag mal, stimmt das, dass du jetzt mit der und der zusammen bist oder das oder jenes planst? Das Okay für einen Artikel sollte man sich auf jeden Fall geben lassen.

Helmut Dietl hat Mitte der 1980er die Kultserie Kir Royal gedreht - eine Persiflage auf den Münchner Boulevard-Journalismus. Inwieweit war die Figur des Baby Schimmerlos ein echtes Abbild der Zeit? 

Es war schon sehr nah dran, natürlich mitunter überzeichnet. Du kannst nicht morgens Champagner trinken, jede Nacht durchmachen und zwischendrin mal kurz in die Redaktion zum Schreiben gehen. Das war nicht ganz realistisch, aber insgesamt ist es schon ein gutes Bild der 70er, 80er Jahre, sehr gute Beobachtungen. Auch über München, eine Stadt, die ja immer Trends nachrennt. Da ist dann mal Military-Look angesagt oder kurze Haare und alle machen mit. Ebenso die Beliebtheit der Bars und Lokale. Nirgendwo wird so schnell vergessen, was mal gut war, wie in München.

In der Serie haben Sie sogar mitgespielt?

Ja, in zwei Folgen! Aber das war reiner Zufall: Ich wollte eigentlich nur eine Nacht aus Sicht der Statisten beschreiben, was so ein Laie für 50 Mark alles leisten muss. Das war sehr wenig für 14 Stunden. Ich war mittendrin und dann entdeckte mich Dietl: "Ja, guck mal, die kleine Waldburg." Und schon stand ich vorne.

 Was waren in Ihren Augen Ihre prominentesten Enthüllungen?

Die Liebe von Franz Xaver Kroetz zu Marie Theres Relin, die Trennungen von Klaus Maria Brandauer und Uta Grünberger, die von Friedrich und Gaby von Thun, Ernst August von Hannover (von seiner Simonetta) oder Natascha und Uwe Ochsenknecht. Der neue Mann an der Seite von Uschi Glas. Oder die neue Frau von Götz Otto. Neue Lieben hatte ich immer lieber als Trennungen oder Scheidungen. Dabei kommen Trennungen viel besser an bei Chefredakteuren. Trennungen lieben sie.

So wie bei Boris und Barbara Becker?

Ich war dabei, als die Beiden zu einem Charity-Ball von Denise Rich nach New York kommen und zusammen am Ehrentisch sitzen sollten. Barbara rief den Tisch-Gastgeber Arthur Cohn an und der sagte mir:  "Ich glaube, das ist over. Barbara ist nach Fisher Island geflohen mit den Kindern." So wussten wir die Story als Erste. Oder als Iva Schell, Witwe von Maximilian, plötzlich ein Kind erwartete, von Maximilians Neffen… Schöner als ein Filmstoff.

Und bei Franz-Josef Strauß?

Seine Freundin Renate Piller hat mich zum Käfer eingeladen, es gäbe eine Überraschung! Als ich eintraf, wirkte Strauß beängstigend müde, sehr blass. Und dann sagte sie: "Wir haben uns verlobt." Am nächsten Tag ist er auf die Thurn und Taxis-Jagd nach Regensburg und dort tot zusammengebrochen. Das alles so unmittelbar zu erleben, war erschütternd und bleibt unvergessen.

Man durchlebt auch richtige Schicksale…

Bei Renate Piller war ich nah dran, weil ich sie mochte und dachte, das wird unsere nächste First Lady. Maximilian Schell besuchte ich zwei Tage vor seinem Tod und wusste, ich werde ihn nie wieder sehen. Ich glaube, man muss eine gewisse Reife haben und eine gewisse Uneingebildetheit. Man muss sehen können, wenn jemand eine traurige Geschichte hat, Zeit investieren und immer mal wieder nachfragen: "Kann ich mal mit dir reden oder gibt es was, was ich wissen müsste oder was die Zeitung wissen möchte?"

Gab es auch Prominente die komplizierter waren?

In der Ausführung war es manchmal schwierig. Gunter Sachs zum Beispiel war ein Ästhet und hat seinen Artikel genau vor sich gesehen. Er kam dann in die Redaktion und hat das Layout seiner Ausstellung von Moskau mit dem Art Director zusammen gemacht. Dann war er glücklich. Es gibt Gratwanderungen. Joachim Fuchsberger erzählte mir einmal, dass er Spannungen mit seinem Sohn habe. Ich habe das in die Redaktion mitgenommen und die haben gleich eine Schlagzeile gemacht. Das hat ihn verletzt. Ich habe übersehen, dass er mir vertraut und mit mir als Freundin gesprochen hat. Und die Ex-Begum unterstellte mir ernsthaft, ich hätte absichtlich ein hässliches Foto von ihr und ihrem Sohn ausgesucht. Unsinn, ich arbeite mit den Fotos, die ich angeboten bekomme, da gibt es null Wertung. Und ich bin null stutenbissig. Da hätte ich mit all den Beautys von Cannes oder bei Sachs ja nie umgehen können…

Welches war Ihre prominenteste Enthüllung, die sie nicht getätigt haben?

Die sage ich nicht. Die kommt noch.

Welchen Stellenwert haben Preisverleihungen wie die Oscars oder Golden Globes oder auch die Filmfestspiele in Venedig oder Cannes?

Die Venedig-Festspiele sind einfach wahnsinnig idyllisch. Man fährt mit dem Wassertaxi oder dem Boot vor und dann steigt man vor diesem verwunschenen Hotel Excelsior aus, geht durchs Foyer und bewundert die vergangene Pracht. Überall alte Paläste und dazwischen George Clooney, immer flirty und gut gelaunt. Venedig hat so eine Leichtigkeit und Nostalgie. Cannes ist wahnsinnig hektisch. Ein Hotel neben dem anderen, jeder Quadratmeter ist verkauft. Aber Cannes ist auch wunderbar: Die Feste oben in den Bergen in kleinen Villen, Brad Pitt neben Dir an der Bar. Oder Schiffspartys, filmreif. Persönlich mag ich die Golden Globes lieber als die Oscars. Beim Golden Globe geht man mit den Stars auf den roten Teppich, kann jeden anquatschen. Bei den Oscars trennt uns eine Kordel von den Stars, Distanz zum Fußvolk! Den deutschen Filmpreis finde ich nach wie vor ein bisschen zu lang und es fehlt das Ambiente - verglichen mit Venedig und Cannes.

Was war das schönste Fest?

Die skurrilsten Partys waren immer die Feste von Elton John in seinem Haus auf dem Land. Da ist ein Gehöft mit Figuren im Garten, kleinen Pavillons, zwischendurch einem Teich und einem Rosengarten. Unglaublich. Und alle sind da:  Mick Jagger, Sting, Coldplay und viele mehr. Auch das Catering dort war immer fantastisch. Elton mochte Motto-Partys:  Einmal war es Rokoko, die Damen kamen in Rokoko-Kleidern und es gab zu essen, wie anno dazumal. Diese Liebe zum Detail - toll! Irre war auch das Fest von Gloria von Thurn und Taxis, wo Keith Haring gemalt und Bryan Ferry gesungen hat. Also Feste, bei denen sich der Gastgeber mehr denkt, als nur einen Tisch zu decken. Ich mag Themenfeste. Bei Gunter Sachs waren wir einst alle wie Hollywoodstars verkleidet, er kam wie immer als Dracula. Einmal war bei Elton John Thema Irrenanstalt: Da hingen echte Menschen als Statisten in den Bäumen. Und dieses Bild wurde dann ganz groß bei uns gezeigt, was natürlich einige böse Briefe einbrachte. 

Als Society-Expertin wird man sicher oftmals beneidet?

Vieles wird oft falsch interpretiert. Es wird einfach lapidar angenommen, du wirst angezogen, verwöhnt, zum Essen eingeladen, rundum hofiert. Doch die Realität ist oft alles andere als glamourös: Man muss noch schnell die Geschichte fertigmachen, hetzt abgerissen zum Flughafen, verbringt viele Abende im Büro. Natürlich bin ich aber auch dankbar, dass ich so viele interessante Menschen und fremde Städte kennenlernen und in so schönen Hotels wohnen durfte - das hätte ich als Hausfrau wohl eher nie gemacht.

Sie haben als Co-Moderatorin in der ARD Adelshochzeiten live übertragen. Welcher Event hat Sie am meisten beeindruckt?

Die Hochzeit in Holland, weil ich Máxima so wunderbar finde. Sie kommt aus Argentinien, die Holländer waren zunächst skeptisch, aber mit ihrem Lachen und ihrer Art hat sie alle erobert. Wie sie weinte, als sie bei argentinischer Musik ihren Vater vermisste - dieses Echte, das hat alle angesteckt! Und da waren wir auch ganz nah dran. Die emotional kälteste Adelshochzeit war in Spanien. Es hat geregnet wie aus Kannen und viele haben finster geschaut. Da ist keine Freude aufgekommen.

Gibt es Prominente, die die Presse für sich instrumentalisieren?

Nehmen wir Erol Sander. Der hat immer gesagt: "Meine Ehe ist die schönste und wir schlafen nicht ein, ohne aneinander zu verzeihen und die Hand zu halten im Bett." Und dann die Katastrophe mit Anwälten und Polizei mitten in der Nacht. Boris Becker hingegen hat die Presse vielleicht zu wenig in Anspruch genommen und jetzt ist die Häme groß. Finde ich sehr ungerecht. Wir Deutschen sollten stolzer auf unsere Helden sein. Grundsätzlich ist Kooperation schon positiv: Bernd Eichinger machte das perfekt: "Was wollt ihr noch wissen? Fragt mich einfach." Der wusste, wir müssen was haben und er muss zufrieden sein.

Darf ich fragen, Gräfin, was machen Sie jetzt? Eigentlich wollten Sie sich ja zurückziehen und nun sind weiterhin journalistisch unterwegs.

Ruhestand, in den die BUNTE mich wortlos verabschiedete, klingt nach Ruhe in Frieden. RIP. Ruhestand ist das falsche Wort - vor allem für einen Quirl wie mich. Wenn mich einer fragt: „Kannst Du was für uns schreiben?“ Dann mache ich das auch, wenn mir das Thema liegt. Außerdem habe ich noch ein Drehbuch mitentwickelt, das mit meiner Branche zu tun hat und ich kümmere mich um mein Buchprojekt. Ich habe wirklich genug zu tun und müsste nicht mehr auf Partys eilen. Aber das ist irgendwie noch drin in mir, ein bisschen wie eine Droge.

Ein gutes Stichwort. Wenn man teilweise nächtelang durchmachen muss, was ist Ihr Geheimrezept, um 13 Stunden auf High Heels zu stehen?

Das klingt, als hätten wir jeden Tag gefeiert. Nein! Höchstens zwei- bis dreimal in der Woche. Und ich habe auch nicht immer High-Heels getragen. Der Job ist alterslos, schauen Sie Elsa Maxwell an... Aber feiern sollte man schon können: bleiben Sie mal stocknüchtern auf dem Oktoberfest. Schwierig. Dann Leute auszuhalten, die über alles lachen, weil sie betrunken sind. Als Journalist kann man ein bisschen mitmachen, darf aber nicht übertreiben, weil man meistens noch tippen muss. Espresso habe ich deutlich zu viel getrunken. Auch in der Nacht noch. Wenn ich vom Oscar heimgekommen bin oder von den Partys bei Elton John, habe ich erst mal zwei Espresso getrunken, damit ich gut wach bleibe. Die Story musste ja gleich nach Deutschland durch die Zeitverschiebung.

Wenn Sie die heutige Zeit mit all den Bloggern und Social-Network betrachten, wo stehen wir da, wo führt das hin?

Ich finde Facebook gefährlich: Man geht mal für eine Stunde rein und denkt sich, warum ist der denn schon wieder auf den Malediven oder in Saint Tropez? Facebook schürt mitunter den Neid. Beweisfotos mit Prominenten nehmen überhand: "War bei Elton John, tanzte bei Robbie Williams." Das ist doch unser Job. Prominente zu treffen, ist doch keine Nabelschau. Die Modeblogger hingegen waren eine natürliche Entwicklung. Sie wurden immer wichtiger, kamen auf jede Show und inzwischen laufen sie den Schauspielern die Ränge in der ersten Reihe ab. Erst kürzlich hat Anna von Bayern einen tollen Artikel zum Thema verfasst - eine sehr gute Journalistin übrigens, die auch das Vorurteil überwunden hat, dass man als Adliger nicht Journalist sein kann. Sie schreibt, dass es nur noch um hochhackige Schuhe oder Pumps in Sandfarben geht und dass das eine Verblödung ist. Wenn ich mich den ganzen Tag nur um Kleider kümmere, geht doch irgendwas verloren. Ich möchte auch mal über Bücher, Theater oder Kino sprechen.

Man vermisst das gesunde Gleichgewicht?

Genau. Ich habe in der Abendzeitung auch die Modewoche betreut. Das war ja auch ein Teil der Society. Ich könnte nie Modejournalistin sein, nie. Ob der Rock jetzt wieder länger ist oder das Bustier knapper, amüsant, aber nicht erfüllend. Für mich war alles rund um die Filmbranche immer am interessantesten, neben Kunst- und Buchmessen, Preis-Galas wie der Bambi und natürlich die wunderbaren Salzburger Festspiele.

Wie ist der Adel mit Ihnen persönlich umgegangen? Distanzierter aufgrund Ihrer Tätigkeit oder war es eine Selbstverständlichkeit?

Letzteres. Es gibt zwei ältere Ladys, die es „unappetitlich“ fanden, dass ich bei der BUNTEN war. Aber es gab auch wichtigere Menschen, die gesagt haben: "Man spürt, dass das Deine Leidenschaft ist." Und das war völlig losgelöst davon, ob ich jetzt Gräfin bin oder nicht. Die mochten meinen Stil. Der Beruf hat nichts Unehrenhaftes, da müsste man auch Schriftsteller verdammen. Ich schreibe ja keine Zoten.

Sie kommen viel herum. Gibt es so zwei, drei Hotels, wo Sie sagen würden, die waren auf Ihren Reisen so wunderbar und wunderschön?

Privat schlafe ich gern einfach, zum Beispiel im familiären Saint André in Ramatuelle bei Saint Tropez oder im Mondschein in Stuben am Arlberg. Beruflich wohnt man natürlich besser da, wo man auch VIPs trifft und gegebenenfalls eine neue Story entwickelt: Das Beverly Hills Hotel in Hollywood ist einfach wahnsinnig schön. Vielleicht ein bisschen altmodisch, aber dieser verführerische Duft nach Lilien, der Ausblick auf die Palmen und die schönen Zimmer - in dem Hotel gefällt mir alles. Auch das Hermitage in Monte Carlo kann ich empfehlen: Kühl, aber schön eingerichtet. Und in Paris das Hotel Le Meurice, direkt an den Tuilerien. Alle drei zum Wohnen für mein Budget zu teuer, aber toll zum Anschauen. Ich bin jahrelang im Adlon abgestiegen, weil es elegant, gemütlich und zugleich sehr informativ ist. Ferien auf den kanarischen Inseln mache ich sehr gern im Residencia oder im Palm Beach von Theo Gerlach. Einmal haben wir im Pariser Ritz gewohnt, dort, wo Lady Diana ihren letzten Abend verbrachte. Die Begum und der Aga Khan haben uns anlässlich ihrer Hochzeit auch zum Hotel eingeladen. Es lohnte: Das Fest auf dem Land bei Chantilly war eines der Besten in 40 Jahren. Und als Münchner Oase liebe ich Innegrit Volkhardts Bayerischen Hof mit seinem tollen SPA und guten Restaurants, auch ihre Tenne in Kitzbühel und den Stanglwirt in Going schätze ich sehr.

Und bei den Restaurants. Wo gehen Sie persönlich gerne essen? Muss es immer Fine Dining und Gourmet-Küche sein?

Ganz und gar nicht! Wenn es schön sein soll, gehe ich wirklich wahnsinnig gerne ins Tantris. Das passiert etwa ein- oder zweimal im Jahr. Für mich das beste Essen deutschlandweit. Hans Haas hat längst drei Sterne verdient! Wenn es bayerisch sein soll, gehe ich gerne ins Franziskaner, ins Spatenhaus, zu Alfons Schuhbeck oder ins Seehaus. Außerdem liebe ich die Osteria Italiana, weil sie mitten in München Feriengefühl vermittelt, das Dallmayr-Restaurant wegen seiner Gourmet-Freuden und die Käfer-Schänke, weil es dort nicht nur köstlich schmeckt sondern immer viel zu bestaunen gibt. Auch Tim Raues Brasserie Colette in der Klenzestraße, die wunderbare Grüne Gans, das Pageou und die Peony Lounge mag ich.

Wenn Sie sich selbst in einem Satz beschreiben müssten, wie würde der lauten?

Eine gute Frage… Ich bin ein sehr kontaktfreudiger Mensch mit einer gesunden Neugier auf Menschen, einem ausgeprägten Durchhaltevermögen und der Elefantenhaut, die man als Journalist so dringend braucht. Manchmal bin ich vielleicht ein bisschen zu nett und zu gutgläubig und verzettelt, aber ich nehm‘s mit Humor!

Ein treffendes Abschlussstatement. Liebe Gräfin Waldburg, herzlichen Dank für dieses informative Gespräch!

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9.5

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Bayerischer Hof

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München, Deutschland

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9

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München, Deutschland

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9.1

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Pageou

Kardinal-Faulhaber-Str. 10
München, Deutschland

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