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Stefan & Manfred Kofler

INTERVIEW

Als Restaurantleiter und Küchenchef betreiben sie gemeinsam das Restaurant Culinaria im Farmerkreuz in Dorf Tirol. Uns verraten die weitgereisten Gastronomen-Brüder ihre Vision von Kulinarik und was man in ihrer Heimat Südtirol nicht verpassen sollte.

Foto: Franziska Unterholzner

26. April 2019

Manfred und Stefan, Euer Restaurant, das Culinaria, liegt auf 805 Metern über Dorf Tirol mit einzigartigem Panoramablick auf Meran. Wie kommt man zu so einem Standort?

MK: 1972 haben unsere Eltern das Haus auf einem ehemaligen Kartoffelacker gebaut. Erst war es ein Garni-Hotel, dann ein Tagescafé sowie eine Jausenstation und zuletzt ein klassisches Gasthaus. Irgendwann sind die Touristen ausgeblieben und wir wussten: Da muss ein neues Konzept her, das auch die Einheimischen aus Bozen und Meran anspricht.

SK: 2007/08 haben wir dann umgebaut. Es ist unser Familienhaus und wir sind damals schon ein großes Risiko eingegangen. Hätten wir das Ganze in den Sand gesetzt, hätten wir mit allem gehaftet, was wir haben. Aber wir waren jung – vielleicht auch ein bisschen naiv – und haben’s einfach gewagt. Viele haben prophezeit: Das schafft Ihr nie! Nach drei Monaten macht Ihr zu oder verkauft Knödelsuppe und Wiener Schnitzel…

Falsch gelegen! Der ehemalige Landgasthof ist heute ein Gourmet-Restaurant mit internationalem Publikum…

SK: Wir haben ein sehr gemischtes Publikum hier: Einheimische, Touristen, Schweizer, Deutsche, Österreicher, Leute aus Übersee…

Zwei Brüder – eine Vision: So heißt es auf Eurer Website. Wie funktioniert das Brüder-Unternehmen in der Praxis? Geht man da immer in eine Richtung?

MK: Nur in Diskussionen und Gesprächen kann man wachsen. Wir sitzen oft bis spät in die Nacht auf der Terrasse und reden, lassen den Tag Revue passieren, analysieren. Manchmal sind wir einer Meinung, manchmal nicht. Aber die Grundeinstellung ist die gleiche. Wir wollen, dass der Gast bei uns rausgeht und sagt „Wow, war das geil!“. Wir gehen unseren eigenen, gemeinsamen Weg!

Besonders ist auch Eure Authentizität. Ihr steht voll dahinter und das schmeckt man…

MK: Auf unserer Obstplantage bauen wir 17 verschiedene Apfelsorten, drei verschiedene Pfirsicharten, drei Nusssorten und zwei verschiedene Kastanien an. Unser Vater kümmert sich um die Plantagen und den eigenen Gemüsegarten. Unsere Mutter ist für den Kräutergarten verantwortlich. Unsere Gerichte kommen aus eigenem – aber noch viel wichtiger – aus kontrolliertem Anbau. Meine Himbeeren sind vielleicht nicht ganz so schön, dafür sind sie nicht durchgespritzt und kommen direkt vom Strauch auf den Tisch! 

Eure Küche ist - im positiven Sinne - sehr speziell. Ein echtes Meisterwerk und Erlebnis! Es sind beispielsweise auch viele kreolische Einschläge dabei. Wie kommt man dazu?

MK: Wir sind hier in den Alpen, aber auch gleichzeitig in Italien:  Alpenländische Küche mit mediterranem Einschlag ist also die Grobmischung. Beim Rest lebe ich nach dem Motto: „Keep it simple and sexy“. Simpel heißt für mich: nicht 10.000 verschiedene Aromen einsetzen, so dass sich der Gast gar nicht mehr auskennt.

Wo holt Ihr Euch diese kulinarischen Inspirationen?

MK: Auf Reisen. Man muss sich nur Kultur, Lebensmittel oder die Art und Weise ansehen, wie Locals leben, essen oder kochen. Wenn man in Japan zum Beispiel beobachtet, mit welchem Respekt die Leute mit Fisch umgehen – da kann man wirklich etwas lernen! Auch aus Australien, Übersee, der Karibik oder Südostasien haben wir viele tolle Eindrücke mitgenommen. Zudem findet man auch auf einigen Plattformen im Internet Inspirationen für sein eigenes Ding. Und am meisten lernt man sowieso „by doing“.

Apropos Reisen: Habt Ihr einen Insidertipp für ein wirklich tolles Lokal?

MK: Wenn ich im Ausland essen gehe, bin ich meist unterwegs mit meinem Bruder oder einem Freund, der auch Koch ist. Dann suchen wir das Lokal gezielt aus, entsprechend, wen wir gerade sehen möchten. Das ist uns dann auch eine Reise wert und ich befinde mich im Lernmodus. Privat will ich’s hingegen so einfach, wie möglich. In London etwa, war ich in einer Art Gastropub – dem Little Italy in Soho. Da kann man wunderbar Champagner trinken, es gibt eine Austernbar und ein kleines Restaurant. Später am Abend, werden die Tische weggeschoben und es ist Party! Ein Konzept, das mir gefällt. Wenn ich privat unterwegs bin, dann möchte ich Gesellschaft und feiern – denn das Leben in der Küche kann schon sehr isoliert sein!

Von der Ferne in die Heimat. Wenn Freunde für drei, vier Tage nach Südtirol kommen, was dürfen Sie nicht verpassen?

SK: Südtirol ist so vielseitig! Vielleicht gutes Schuhwerk anziehen und auf eine unserer Almen wandern oder für diejenigen, die es gemütlicher angehen möchten,eine  Weinverkostung und Besichtigung einer unseren Weinkellereien. Am späten Nachmittag einen Ausflug in die Botanischen Gärten von Schloss Trautmannsdorf oder einfach nur einen Aperó an der Passerpromenade. Die Entscheidung ist gar nicht so einfach - am besten ein paar Tage länger bleiben…

Und wenn man sich hier in Südtirol ein Weingut ansehen möchte, was könnt Ihr da empfehlen?

SK: Mich faszinieren die kleinen Produzenten. Querdenker, die sagen: „Ich mach das, ich leb das – egal was passiert!“ Martin Gojer vom Weingut Pranzegg in Bozen ist so ein Beispiel: ein toller Typ, offen, innovativ und er reist sehr viel.

Habt Ihr auch persönlich einen Wein-Favoriten?

MK: Das hängt von vielen Dingen ab: Wie bin ich drauf? In welcher Gesellschaft befinde ich mich? Welcher Jahrgang ist angeboten? Welche Jahreszeit haben wir und was esse ich gerade? Ich halte im Übrigen nichts von Regeln wie „Rotwein zu Fleisch“. Wenn ich Lust auf einen Weißwein habe, dann trinke ich den – auch zu Fleisch! Im Restaurant leben wir das ähnlich: Die Gäste bekommen bei uns nur eine Weinempfehlung zum Menü. Nach dem Motto: Das würde gut dazu passen – was Sie dann wählen, ist Ihre Sache.  

Wie stellt Ihr Eure Weinkarte zusammen?

SK: Wir sind viel unterwegs und verkosten. Wenn uns ein Produkt schmeckt und überzeugt, nehmen wir es auf die Karte. Die ist aber nicht statisch, sondern schaut wahrscheinlich in einem Jahr schon wieder ganz anders aus. Manche Etiketten kommen dazu, andere fallen weg.

MK: Die einzige Konstante in der heutigen Gastronomie ist die Veränderung: Man muss in Bewegung bleiben. Sich zwar nicht neu erfinden, aber weiterentwickeln. Stillstand ist langweilig. Ich werde unruhig, wenn sich länger nichts tut.

Was kann man also bei Euch Neues erwarten?

SK: In unserem Mittags-Bistro gibt es unsere Klassiker wie das Beefsteak-Tatar, hausgemachte Teigwaren, Tagesgerichte und wir bieten seit kurzem auch ein attraktives, ständig wechselndes Mittagsmenü in 3 Gängen an. Eine einfache, gute und saisonale Mittags-Karte.

MK: Wir arbeiten gegen die Logik und verkleinern in unserem Abend-Gourmet-Restaurant! Wir werden kleiner und exklusiver. Wer kommen möchte, muss reservieren und das schon früh genug. Das heißt: Weniger Gäste, diese aber mit individueller Betreuung. Der Gast bekommt noch mehr Privatsphäre.

Heißt exklusiver auch gleichzeitig teurer?

MK:  Nein! Ich zitiere hier einen Gast, der in einer Bewertung geschrieben hat: „Nicht billig, aber preiswert“. Das große Menü kostet bei uns 97 € – das sind in der Praxis dann neun bis zehn Gänge und damit wären wir bei 9 bis 10 € pro Gang. Da kriegt man woanders Barilla-Nudeln mit Fertigsoße.

SK: Aber nicht nur die Preis-Leistung entscheidet. Wir arbeiten sehr viel und haben wenig Freizeit. Wenn wir uns dann eine Auszeit nehmen und wegfahren, suchen wir nach besonderen Momenten und Erlebnissen - denn Zeit ist kostbar. So geht es auch vielen unserer Gäste. Das sind zu achtzig Prozent Gleichgesinnte und genießen die einmalige Aussicht und Kulinarik! Während des Essens sind wir Gastgeber und danach der Freund. Der Gast erzählt uns seine Ansichten und wir lernen daraus.

Der Gast als Freund quasi?

MK:  Wir sind ein kleines Restaurant mit der wohl schönsten Aussicht auf Meran. Alles hat ein wenig Wohnzimmeratmosphäre und wir haben sehr viele Stammgäste. Das hat schon was Familiäres.

SK: Wir halten aber auch die Distanz. Jeder Gast soll seine Privatsphäre haben und hier genießen. Wir umrahmen das Ganze nur. Der Gast entscheidet selbst, auf welcher Ebene er bedient werden möchte.

Was ist Euer wichtigstes Feedback?

MK: Der Gast natürlich. In der Gastronomie bestimmt das Angebot die Nachfrage. Vor kurzem haben Gäste im Mittags-Bistró gegessen und haben danach gleich für den Abend reserviert. Dann haben sie das kleine Menü gegessen und anschließend wieder einen Tisch für den nächsten Abend reserviert, um auch noch das zweite Menü zu probieren. Die waren eine Woche hier in Südtirol und haben in der Zeit dreimal bei uns gegessen. Sowas ist natürlich eine große Freude und Bestätigung!

In der Tat! Manfred und Stefan, vielen Dank für dieses interessante Gespräch!

(Anm. d. Red.: Das Interview wurde im Jahr 2016 geführt.)

 

 

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